Der Botenstoff c-di-GMP kontrolliert im Modellbakterium Caulobacter crescentus den Zellzyklus: Fehlt c-di-GMP in der Zelle, wird die Zellvermehrung blockiert. Steigt der c-di-GMP-Spiegel, wird das Chromosom kopiert. Ein spezielles Enzym übernimmt dabei eine Ampelfunktion.
Es ist nur ein winziges Molekül, doch ist es für nahezu alle Bakterien überlebenswichtig. Denn der kleine Signalbotenstoff – c-di-GMP genannt – bestimmt, wie sich eine Bakterienzelle verhält. So sorgt es beispielsweise dafür, dass sich Bakterien zu einem Biofilm zusammenschliessen und so chronische Infektionen beim Menschen verursachen können. Dass c-di-GMP auch eine entscheidende Rolle bei der Vermehrung von Bakterien spielt, konnten nun erstmals Forscher um Prof. Dr. Urs Jenal aufzeigen. Sie haben entdeckt, dass oszillierende Konzentrationen des Botenstoffs die Aktivität nachfolgender Proteine beeinflusst und so den Zellzyklus und die Reproduktion der Bakterien steuern.
Infektionsbiologen zeigen in einer Studie nun erstmals, dass der Signalbotenstoff c-di-GMP ähnlich wie eine Ampel den Zellzyklus im Modellbakterium Caulobacter crescentus kontrolliert. Fehlt c-di-GMP in der Zelle, so steht die Ampel auf Rot. Für die Zelle heisst das, sie verbleibt in der ersten Phase des Zellzyklus. Steigt der c-di-GMP-Spiegel, dann springt die Ampel auf Grün und die Zelle tritt in die nächste Phase ein. Die Rolle der Ampel übernimmt dabei ein Enzym, das auf zweierlei Weisen wirkt. „Wenn kein c-di-GMP vorhanden ist, dann blockiert es den Vorgang, der zur Vermehrung der bakteriellen Erbinformation führt“, erklärt Jenal. „Sobald jedoch c-di-GMP produziert wird, dockt es an das Enzym an und verändert dadurch dessen Struktur und Wirkungsweise. Das Enzym hebt nun die Blockade auf und das Bakterienchromosom kann kopiert werden.“ Dieser Schritt kennzeichnet den Eintritt in eine neue Phase des Zellzyklus. Auch für das Verhalten der Nachkommen spielt die unterschiedliche räumliche Verteilung des Signalmoleküls in der sich teilenden Mutterzelle eine wichtige Rolle. Proteine, die das Signalmolekül c-di-GMP herstellen (gelb), kontrollieren den Zellzyklus von Caulobacter. © Universität Basel, Biozentrum
Den Forschern ist es mit ihrer Arbeit erstmals gelungen, eine Verbindung zwischen zwei grossen regulatorischen Netzwerken von Bakterienzellen – den kleinen Signalbotenstoffen und den Enzymen – herzustellen. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern eine wichtige Grundlage, die um ein vielfaches komplizierteren c-di-GMP-Netzwerke von Krankheitserregern aufzuklären. Das Signalmolekül beeinflusst beispielsweise deren Virulenz, ihre Fähigkeit zum Überdauern oder ihre Resistenz gegenüber Antibiotika. Auch die gefährlichen Erreger von Cholera und der Lungenentzündung nutzen das c-di-GMP-Signalsystem. Ob es dort genauso agiert wie im Modellbakterium C. crescentus, das möchte die Forschungsgruppe nun herausfinden. Originalpublikation: Cyclic di-GMP acts as a cell cycle oscillator to drive chromosome replication Urs Jenal et al.; Nature, doi: 10.1038/nature14473; 2015