Eine Serien-Publikation hat den aktuellen Wissensstand über Migräne zusammengefasst. Das Autorenteam geht auch auf personalisierte Therapien, Prophylaxe und Prävention ein.
An der neurovaskulären Erkrankung Migräne leiden weltweit über eine Milliarde Menschen. In Deutschland sind ungefähr 20 % der Frauen und 8 % der Männer betroffen, am häufigsten 25- bis 35-Jährige.
Bei Berufstätigen unter 50 Jahren (vor allem bei Frauen) ist Migräne sogar weltweit die führende Ursache für Arbeitsausfälle und Krankschreibungen und somit Verursacher wirtschaftlicher Schäden.
Trotz des zunehmenden Wissens über die Krankheit und Therapiemöglichkeiten, ist das Bewusstsein im Gesundheitswesen und der Politik mangelhaft, so die Autorinnen und Autoren der Publikationen. Nur durch gemeinsame Bemühungen der Gesundheitsdienstleister, d. h. durch integrierte Versorgungssysteme, in denen sowohl Hausärzte als auch Spezialisten komplementär zusammenarbeiten, wird sich die Versorgung von Migränepatienten verbessern lassen, betonen die Experten.
Für Patienten mit Therapieresistenz, atypischen Verläufen oder bestimmten Komorbiditäten sollten Überweisungsmöglichkeiten flächendeckend sichergestellt werden. Künftig empfehlen die Autorinnen und Autoren epidemiologische Studien zur Schließung von Wissenslücken: Ein standardisiertes Vorgehen könne z. B. Vergleiche zwischen Ländern ermöglichen und somit die Effektivität von Maßnahmen steigern.
In den Studien werden außerdem Effektivität und Sicherheit von Medikamenten zur akuten Behandlung sowie zur Migräneprophylaxe diskutiert – auch bei Kindern und Jugendlichen, in der Schwangerschaft und im Alter.
Als Goldstandard der Akutbehandlung gelten heute Triptane. Bei Übelkeit und Erbrechen werden ergänzend Antiemetika empfohlen. Wenn die Akutbehandlung der Attacken allein nicht ausreicht, kann eine Migräneprophylaxe erfolgen.
Ziel ist es, Frequenz, Stärke und Dauer der Attacken zu reduzieren. Die Wahl der Medikamente richtet sich nach Faktoren wie Verträglichkeit und Effektivität, aber auch Verfügbarkeit und Kosten. Gerade bei der Migräneprophylaxe spielen aber auch nicht-medikamentöse, multidisziplinäre Verfahren eine bedeutende Rolle wie etwa die kognitive Verhaltenstherapie, Biofeedback und Entspannungstechniken.
Die Publikationsreihe befasst sich weiterhin mit Biomarkern und einer entsprechenden Präzisionsmedizin. Die Diagnose wird normalerweise anhand klinischer Kriterien gestellt, was jedoch der Heterogenität der Erkrankung, einschließlich genetischer und neurobiologischer Faktoren, nicht gerecht wird. So soll die Biomarker-Forschung in Zukunft noch mehr zum Verständnis der komplexen Pathogenese der Migräne beigetragen.
„Ziel ist nicht nur, neue medikamentöse Ansatzpunkte zu finden, sondern auf diesem Weg auch eine personalisierte, zielgerichtete Therapie und den passgenauen Einsatz, beispielsweise der kostspieligen Antikörper-Therapien zu ermöglichen“, so Prof. Hans-Christoph Diener, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Die Originalpublikationen könnt ihr hier sowie hier und hier nachlesen.
Bildquelle: Vinicius "amnx" Amano, unsplash.