Wie lassen sich virulente Bakterien identifizieren? Nach aktuellen Studienergebnissen ist die Antwort: mit modifiziertem Zucker. So funktioniert die neue Methode.
Mit einer neuen Methode konnten Biologen und Chemiker aus Israel und Deutschland zeigen, wie sich potenziell gefährliche Bakterien sichtbar machen lassen. Beteiligt daran war ein Team um Professor Daniel B. Werz von der TU Braunschweig und Professor Micha Fridman von der Tel Aviv University.
Viele der im und auf dem menschlichen Körper lebenden Bakterienarten sind harmlos, andere sind potenziell gefährlich. „Solange der Körper nicht geschwächt ist, zeigen sie kein opportunistisches Verhalten. Sobald sich die Situation aber ändert, können die Bakterien pathogen werden, sich also ausbreiten und das System infizieren“, sagt Fridman.
Die Forscher hat interessiert, wie sich potenziell krankmachende Bakterien von harmlosen unterscheiden lassen. „Bakterien geben nicht preis, was sie sind. Also suchen wir nach Markern und Signalen“, sagt Fridman. Um dieses Problem zu lösen, haben sich seine Arbeitsgruppe und die Gruppe um Werz zusammengetan. Die Idee der Wissenschaftler: Das Bakterium nimmt einen spezifischen Zucker auf und lässt sich dadurch enttarnen. In ihrer Studie konnten sie nachweisen, dass das tatsächlich der Fall ist. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich im Chemistry – A European Journal veröffentlicht.
Die Forschungsarbeit haben sich beide Teams aufgeteilt: In Braunschweig haben Werz und seine Kollegen an der Herstellung eines modifizierten Zuckers getüftelt. In Israel hat Fridman an den biologischen Zusammenhängen von Zucker und Bakterien geforscht. Das Ziel war die organische Synthese von einem besonders modifizierten Zucker, einem sogenannten Pseudaminsäure-Derivat. „Das hat uns ein paar Jahre gekostet“, sagt Werz.
Die Herstellung war laut Studienautoren entscheidend: „Prinzipiell könnte man den Zucker aus den Bakterien isolieren. Das wäre aber sehr aufwändig und die Mengen wären zu gering“, so Werz. Außerdem solle der Zucker chemisch so umgebaut werden, dass er leicht mit einem fluoreszierenden Farbstoff reagiere.
Die Fridman-Gruppe hat den in Braunschweig synthetisch hergestellten Zucker für Experimente dann an Bakterien genutzt. Bakterien bilden eine schützende Hülle aus. Dazu nehmen sie Zucker auf oder stellen ihn selbst her. Der Zucker wird dann vom Bakterium auf seiner Oberfläche präsentiert. „Bekannt ist, dass gewisse Zucker spezifisch für eine bestimmte Gruppe von Bakterien sind, die für den Wirtsorganismus problematisch werden können.“
Diese Bakterien können also über die Zuckermoleküle, die sie aufnehmen und einbauen, identifiziert werden. Um das nachzuweisen, hat Fridman zwei Bakterienarten – Campylobacter jejuni und Bacillus thuringiensis – getestet, die den entsprechenden Zucker auf ihrer Oberfläche präsentieren „Zwei andere Arten von Bakterien, die den Zucker nicht exprimieren, wurden als Kontrolle verwendet. Nach der Zugabe eines Fluoreszenz-Farbstoffs reagiert der Zucker und bindet den Farbstoff. Auf diese Weise können die Bakterien detektiert werden“, so Fridman.
Diese Methode könnte auch von Nutzen für die Antibiotika-Entwicklung sein. Lange Zeit galt die Tötung gefährlicher Bakterien als Lösung der Probleme. Inzwischen hat man jedoch verstanden, dass es mitunter reicht, zu verhindern, dass Bakterien pathogen werden, indem man ihre Virulenzfaktoren ausschaltet. Die von den beiden Gruppen entwickelte Methode erlaubt die Detektion dieses mit der Virulenz assoziierten Zuckers. Damit könnte sie auch einen Weg darstellen, neuartige Medikamente, die die Herstellung dieses Zuckers in den Bakterien und damit die Pathogenität dieser Mikroorganismen verhindern, zu testen.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemeldung der Technischen Universität Braunschweig. Die Studie haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Bildquelle: davide ragusa, unsplash