Einer Forschungsgruppe gelang es erstmals, das gesamte Erbgut eines Marderhundes zu sequenzieren. Dabei wurde deutlich, dass der Allesfresser als potenzieller Überträger von SARS-CoV-2 infrage kommt.
Marderhunde (Nyctereutes procyonoides) gehören zur Familie der Hunde und sind eng mit den Füchsen verwandt. Äußerlich ähneln die Allesfresser den Waschbären. Als Krankheitsüberträger können sie auch für Menschen zum Gesundheitsrisiko werden.
Forscher*innen des Senckenberg Forschungszentrums für Biodiversität und Klima haben erstmals das gesamte Erbgut des Marderhundes sequenziert und genetische Belege dafür gefunden, dass er SARS-CoV-2 übertragen kann.
Der aus Ostasien stammende Fuchsverwandte hat sich in Europa weit verbreitet und wird in Deutschland als invasive Art eingestuft. Es ist hinlänglich bekannt, dass er verschiedene Viren in sich tragen und Menschen damit infizieren kann. Eine Studie des Forschungszentrums legt nun nahe, dass der Marderhund auch ein Reservoirwirt für Coronaviren sein könnte.
„Im Genom des Marderhundes haben wir die Gene für zwei Membranproteine gefunden, an die SARS-CoV-2 andocken kann“, sagt Molekularökologe Prof. Markus Pfenninger. „Sie bilden die genetische Grundlage dafür, dass sich Marderhunde mit dem Coronavirus infizieren und es übertragen können.“
Die Daten zeigen auch: Eines der Marderhund-Membranproteine bindet mit größerer Affinität an das Spike-Protein von SARS-CoV-2 als das bei Verwandten wie Füchsen und Wölfen oder bei Fledermäusen und asiatischen Schuppentieren der Fall ist.
„Bislang standen vor allem Fledermäuse und Schuppentiere als potenzielle direkte Überträger von SARS-CoV-2 auf den Menschen im Fokus“, sagt Sven Klimpel, Professor für Parasitologie und Infektionsbiologie. „Von welchem tierischen Wirt das Coronavirus letztendlich auf den Menschen übertragen wurde, ist immer noch ungeklärt. Unsere Studie zeigt jedoch, dass der Marderhund als geeigneter Reservoirwirt für das Coronavirus fungieren kann.“
„Die Sequenzierung des Marderhund-Genoms ist erst der Anfang“, erklärt Klimpel. „Wir können nun genauer analysieren, wie einzelne Gene mit der Übertragung bestimmter Krankheiten zusammenhängen.“
Damit möglichst viele Forschungsfragen beantwortet werden können, stellen die Forscher*innen ihre Daten öffentlich zur Verfügung – unter anderem in der Datenbank des European Nucleotide Archive (ENA).
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen. Die Originalpublikation haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Bildquelle: Dorian D. Dörge, Goethe-Universität Frankfurt