Die saisonale Influenzawelle weist jährlich pandemische Züge auf. Forscher erwarten, dass SARS-CoV-2 sich ähnlich endemisch entwickelt. Ein Kombi-Impfstoff könnte die Lösung sein.
Für die jährlichen Grippeimpfungen werden wegen des viralen Antigendrifts jedes Jahr neu modifizierte Impfstoffe produziert und verimpft. Diese Vorgehensweise ist auch gegen COVID-19 denkbar. Eine Studie der Duke University aus den USA könnte hierfür eine erste Lösung aufzeigen: Ein rekombinantes Influenza A Virus (IAV) so modifiziert, dass es mit einer immunogenen Domäne des SARS-CoV-2 Spike Proteins ausgestattet ist. Ein Kombi-Impfstoff wäre eine kosteneffektive Lösung für einen breiteren Schutz der Bevölkerung vor Grippe und COVID-19.
Die Forscher erzeugten mittels reverser Genetik ein IAV, welches ebenfalls das Spike-Glykoprotein des SARS-CoV-2 trägt. Um eine hohe Expression des Hauptantigens zu gewährleisten, erfolgte die Insertion im codierenden Bereich des Hämagglutinin (HA). Die Fusion mit einer spezifischen Sequenz des IAV-Neuraminidase (NA) Proteins vereinfachte dabei den Einbau. So wurde sichergestellt, dass die Proteine co-translational getrennt sind und unabhängig voneinander auf dem Viruspartikel verpackt werden.
Mithilfe der RT-PCR konnten die Wissenschaftler schließlich ein erfolgreich konstruiertes Influenzavirus mit stabiler Expression des SARS-CoV-2 Hauptantigens bestätigen.
In der präklinischen Studie konnte der Kombi-Impfstoff als Lebendvakzin bereits die gewünschte Immunantwort in Mäusen hervorrufen. Drei Wochen später erfolgte ein zusätzlicher Boost mit inaktivierten Impfstoffpräparaten.
Der Kombinationsimpfstoff erzielte dabei eine starke Neutralisationsaktivität und eine hohe Serum-IgG-Reaktivität gegen das IAV-HA Protein. Zudem waren die getesteten Mäuse geschützt gegen das IAV sowie SARS-CoV-2 induzierte Mortalität und Gewichtsverlust. Die untersuchte Vakzine zeigte im Mausversuch Immunogenität und löste eine potenziell schützende humorale Immunreaktion gegen SARS-CoV-2 aus.
Die Studie bietet einen ersten Ansatz zur Generierung eines Kombinationsimpfstoffs analog zur Standard-Influenza-Impfung. Auch andere Krankheitserreger könnten bei der Entwicklung eines Kombinationsimpfstoff mithilfe von rekombinanten Influenzaviren in Betracht gezogen werden. Es handelt sich um einen verallgemeinernden Ansatz, mit dem die Zeit und die Herstellungsanforderungen für die Entwicklung neuartiger Impfstoffe reduziert werden könnten.
Jedoch bleiben weiterhin viele Fragen offen: Wäre der Einsatz des vollständigen Spike-Proteins oder anderer coronaviralen Proteine für einen saisonalen Impfstoff sinnvoller? Bei der jetzigen Influenza-Impfung handelt es sich um eine tri- bzw. tetravalente Vakzine. Könnte diese als Grundlage für weitere Kombi-Impfstoffe dienen? Ferner bestätigt eine präklinische Studie nicht den Erfolg im Menschen, weshalb weitere klinische Studien folgen müssen. Dabei sollten auch kostenbetreffende, industriell relevante und logistische Fragen geklärt werden.
Novavax könnte mit der Entwicklung eines Kombi-Impfstoffs einen Schritt voraus sein: Das US-Unternehmen hat ein Ensemble aus einem tetravalenten Nanopartikel-Influenza-Impfstoff und einem Spike-Protein-Impfstoff (qNIV/CoV2373) entwickelt. Die Studie erzielte ebenfalls eine Immunogenität im tierischen Modell und eine hohe Antikörper-Produktion gegen Influenza A und B, sowie gegen SARS-CoV-2. Weitere klinische Studien werden aufzeigen, wer am Ende als Vorreiter beim Wettrüsten gegen die jährliche Grippe und COVID-19 hervorsticht.
Dieser Artikel basiert auf einer Studie des Departments of Molecular Genetics and Microbiolgy der Duke University School of Medicine, USA.
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