Eine Genmutation in einem SCV-Stamm des Bakteriums P. aeruginosa sorgt dafür, dass weniger langkettige Fettsäuren von den Bakterien produziert und in die Membran eingebaut werden. Dies hat letztlich Auswirkung darauf, dass besonders widerstandsfähige Biofilme entstehen.
Über 90 Prozent der Zystische-Fibrose-Patienten sterben an den Folgen dieser chronischen Lungeninfektion. Einige Formen von P. aeruginosa haben sich besonders gut an die Bedingungen in der zäh verschleimten Lunge angepasst. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, worin sich diese auf Zystische Fibrose spezialisierten Krankheitserreger von ihren Verwandten unterscheiden.
Ihren Namen verdanken diese besonderen P. aeruginosa Stämme ihrem Aussehen auf Kulturplatten im Labor. Sie bilden besonders kompakte, kleine Kolonien und heißen daher „Small Colony Variants“, kurz SCV. Es gibt unterschiedliche Typen der SCV – allen gemeinsam ist ihre Spezialisierung auf die Bedingungen in den Lungen von Mukoviszidose-Patienten. „Sie sind besonders starke Biofilmbildner und damit maßgeblich am chronischen Verlauf der Lungeninfektion beteiligt“, sagt Andrea Blanka, Wissenschaftlerin am Institut für Molekulare Bakteriologie. Denn wenn die Bakterien sich erst einmal zu einem Biofilm zusammengeschlossen haben, sind sie für das Immunsystem kaum noch sichtbar und Antibiotika dringen nicht in die schleimige Matrix eines Biofilms ein. „Wir haben uns gefragt, welche Faktoren in unserem klinischen P. aeruginosa Isolat für diese Veränderung und die damit einhergehende Anpassung an die kranke Lunge von Mukoviszidose-Patienten verantwortlich sind.“ Um hinter die Besonderheiten der kompakten Kolonien zu kommen, haben die Wissenschaftler die Gene der Bakterien und die Erscheinungsform dieser speziellen Variante mit gewöhnlichen P. aeruginosa Stämme verglichen.
„Wir haben herausgefunden, dass bei dem von uns untersuchten SCV-Stamm ein Gen mutiert ist, das für die Herstellung langkettiger Fettsäuren verantwortlich ist“, sagt Blanka. „Durch diese Mutation werden weniger langkettige Fettsäuren von den Bakterien produziert und in die Membran eingebaut.“ Dies ist das entscheidende Puzzleteil, denn die Länge der Fettsäuren, aus denen sich die umhüllende Membran der Bakterien zusammensetzt, beeinflusst ein sogenanntes chemosensorisches System von P. aeruginosa, das in der Membran lokalisiert ist. Neben anderen Regulatoren steuert es, wie viel des Botenstoffes „zyklisches di-Guanosinmonophosphat“, kurz c-di-GMP, in den Zellen gebildet wird. Produzieren die Bakterien wenig c-di-GMP, schwimmen sie einzeln und frei im Lungensekret des Patienten. Produzieren die Bakterien viel c-di-GMP, schließen sich die Bakterien zu den widerstandsfähigen Biofilmen zusammen. „Wir haben bislang nur eine von mehreren klinischen SCV-Isolaten genau untersucht und wollen jetzt mithilfe von 150 verschiedenen SCV-Isolaten aus Mukoviszidose-Lungen analysieren, ob all diese Isolate durch unterschiedliche Mechanismen zu den besonders biofilmfreudigen Varianten von P. aeruginosa werden“, so die Biochemikerin. „Die Beeinflussung der c-di-GMP Ausschüttung über Fettsäuren war allerdings bislang unbekannt.“ Nun untersuchen die Wissenschaftler am Institut für Molekulare Bakteriologie, wie sie das Wissen um diese Small Colony Variants von P. aeruginosa für neue therapeutische Ansätze zur Behandlung chronischer Lungeninfektionen bei Mukoviszidose nutzen können. Originalpublikation: Constitutive production of c-di-GMP is associated with mutations in a variant of Pseudomonas aeruginosa with altered membrane composition Andrea Blanka et al.; Science Signaling, doi: 10.1126/scisignal.2005943; 2015