Der Verkauf von Einzeltests in Apotheken war erst strengstens verboten, dann dringend erbeten. Und kleine Masken für Kinder dürfen nicht „Kinder-FFP2-Masken“ heißen. Euer Ernst?
Mit das Anstrengendste in der Pandemie: ständig geänderte Regeln. Da nicken sicher nicht nur Vertreter des Apothekenpersonals. Man weiß heute nicht, was morgen noch gelten wird, denn was heute richtig ist, war gestern vielleicht noch falsch und sogar bei Strafe verboten. Dazu zählen Regelungen zu den Selbsttests, den Masken und den Impfstoffen. Ich versuche mal, das für euch aufzudröseln.
Was haben wir uns gefreut, als kleine FFP2-Masken für Kinder auf den Markt kamen. Endlich konnten auch die Kleinsten sichere Gesichtsbedeckungen tragen, bei denen man nicht die Ohrschlaufen kürzen oder große Lücken zwischen Maske und Gesicht in Kauf nehmen musste. Vor wenigen Wochen kam dann das Verbot: Masken für Kinder dürften nicht als FFP2-Masken eingestuft werden. Denn diese Bezeichnung kommt aus dem Arbeitsschutz, hieß es. Da es hierzulande glücklicherweise keine Kinderarbeit geben darf, sei daher auch die Bezeichnung Kinder-FFP2-Maske hinfällig. Den Apotheken in Rheinland-Pfalz wurde durch die Gewerbeaufsicht geraten, diese an den Händler zurückzugeben, um sich nicht strafbar zu machen.
Und nun, nach der Bundesnotbremse? Da müssen auf einmal auch Kinder bei einer Inzidenz über 100 in den öffentlichen Verkehrsmitteln FFP2-Masken tragen. Die Apotheken werden von Eltern bestürmt, deren Kindern auf dem Weg zur Schule der Zustieg in den Bus verwehrt wurde. Sie alle wollen – und brauchen – jetzt FFP2-Masken für Kinder. Die Deklaration ist zweitrangig, denn die Eltern möchten, dass ihre Kinder so gut wie möglich geschützt sind und überhaupt zur Schule kommen können. Wohl dem, der sich nicht an den Rat der Gewerbeaufsicht gehalten hat, die Kinder-FFP2-Masken zurückzusenden, sondern den Namen im System einfach auf „FFP2 in S- oder M-Größe“ geändert hat.
Dann haben wir noch die Farce um die Auseinzelung von Laientests, was ja noch vor circa vier Wochen strengstens untersagt war. In einer Zeit als diese Tests noch rar und nur in 25er-Packs zu bekommen waren, war es verboten, diese für Kunden aus der Großpackung zu entnehmen und einzeln zu verkaufen. Und das selbst dann, wenn ein Beipackzettel mitgegeben wurde. Die ABDA schrieb dazu am 22. März 2021:
„In den Apotheken darf es keine Auseinzelung von Corona-Laientests geben. […] Das BfArM habe das Auseinzelungsverbot damit begründet, dass das Risiko von falsch und/oder unvollständig zusammengestellten kleineren Verpackungseinheiten vermieden werden solle, heißt es weiter. Schließlich bringe die Auseinzelung das Risiko der Fehlanwendung mit sich, weil die Gebrauchsanweisung möglicherweise fehle.“
Also hielt man sich an die Ansage der ABDA und nahm Ärger mit den Kunden in Kauf, die eigentlich nur mal ein oder zwei Tests erwerben wollten. Wenige Wochen später, als inzwischen ausreichend Einzeltests vorhanden waren, kam die Rolle rückwärts. Am 20. April hieß es dann, dass das BfArM nun die Auseinzelung doch erlaubt. Und auch die Bezirksregierung Düsseldorf, die hierzu das erste offizielle Verbot einer Landesbehörde aussprach, erlaubte die Aufteilung der Tests zur Einzelabgabe nun explizit auch.
Das teilten Apothekerverband und Apothekerkammer Nordrhein in einem Rundschreiben an ihre Mitglieder mit. „Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass aufgrund des rechtlichen Charakters der Sonderzulassung des erstmaligen Inverkehrbringers die Auflage des Vereinzelungsverbotes nicht als eine wirksame Auflage an den Handel ergehen kann und damit kein Verbot einer in der gegenwärtigen Zeit notwendigen Auseinzelung dieser sonderzugelassenen In-vitro-Diagnostika darstellt.“
Die Erlaubnis kommt nun zu einem Zeitpunkt, an dem die Bestellung einzelner Tests problemlos möglich ist. Wir hätten sie vor vier Wochen gebraucht, als wir nur 25er-Packungen bestellen konnten, die für die meisten Kunden unerschwinglich teuer waren. Eine Marburger Apothekerin hatte sich sogar für ihr Auseinzelungs-Vergehen selbst angezeigt, um auf den Irrsinn dieser Situation aufmerksam zu machen.
Doch nicht nur die Rechtslage ändert sich ständig, auch auf anderen Gebieten muss man sich jede Woche wieder neu einlesen und eindenken – beispielsweise bei Bestellung von Corona-Impfstoffen für die Hausarztpraxen. Als ausschließlich Comirnaty® von Biontech zur Verfügung stand, musste unbedingt generisch verordnet werden. Jeder Arzt durfte unter seiner Arztnummer nur ein begrenztes Kontingent ordern, das dann auch noch eingekürzt wurde.
Dann kam Vaxzevria® von AstraZeneca dazu und es wurde noch komplizierter. Es folgte ein Hin und Her: In der einen Woche sollte Vaxzevia® nicht geliefert werden, ohne dass eine Info bekannt gemacht wurde, woran das liegt. Dann sollte der Impfstoff von Johnson & Johnson dazukommen, der kurzfristig wieder abgesagt wurde. Dafür gäbe es nun mehr Vaxzevria®, das in der Woche zuvor doch noch Mangelware war.
Die Gründe dafür wurden noch immer nicht offiziell bekannt gemacht, doch man vermutet, dass die Impfzentren priorisiert werden sollten und die Menge an Biontech-Imfstoff einfach größer war. Inzwischen gilt für Vaxzevria® voraussichtlich ab Mitte Mai sogar keine Bestellobergrenze mehr, weil er in der Bevölkerung nur schwer an den Mann oder die Frau zu bringen ist.
Allerdings kommen nun die Zweitimpfungen, die wiederum auf zwei Rezepten in der Apotheke bestellt und auch mit unterschiedlichen PZN in verschiedenen Bestellvorgängen bei den Großhändlern geordert werden müssen. Ach ja, die IK haben sich auch noch geändert. Immerhin müssen wir in der Apotheke nicht nachrechnen, ob Arztpraxen die korrekte Menge – bezogen auf ihre Erstbestellung – auf die Verordnung geschrieben haben.
So manch ein Apotheker hat nun beschlossen, sich die jeweils gültigen Regelungen zur Impfstoffbestellung erst am Dienstagmorgen durchzulesen, liest man in den sozialen Netzwerken. Dann komme wenigstens keine Änderung mehr dazwischen. Man macht sich doch keinen Knoten ins Hirn, nur damit der Vorgang dann, wenn man ihn endlich verstanden hat, wieder geändert wird.
Auch die Ärzte stöhnen ob der Flut an Regularien bezüglich der Corona-Impfungen. Erst in der vergangenen Woche habe ich mit einer Hausärztin gesprochen, die sich beklagte, man habe ja auch noch andere Aufgaben, als sich nur und ausschließlich um die Pandemie zu kümmern. Recht hat sie!
Bildquelle: Nonsap Visuals, unsplash