Spezielle Interferone (IFN-λ) reichen nicht aus, um eine Rotavirus-Infektion in den Griff zu bekommen. Zum Schutz wird auch Interleukin-22 (IL-22) gebraucht. Zusammen triggern sie die Bildung antiviraler Proteine, die letztlich den Aufbau neuer Viruspartikel verhindern.
Infektionserreger werden durch das Immunsystem auf mehreren Ebenen bekämpft: Eine wichtige Rolle spielen einerseits die Interferone, die innerhalb kurzer Zeit nach einer Virusinfektion ausgeschüttet werden und eine entsprechende Immunantwort gegen die befallenen Zellen auslösen können. Aber auch sogenannte „Innate Lymphoid cells“ (ILCs) sind wichtige „Spieler“ des angeborenen Immunsystems. ILCs wirken vor allem an den inneren und äußeren Körperoberflächen, indem sie ebenfalls spezielle Eiweiße – in diesem Fall Interleukine – produzieren und so sehr früh in die Abwehr von Viren, Bakterien und Parasiten eingreifen.
In ihrer aktuellen Arbeit konnten die Forscher der Universitätsmedizin Mainz und des Universitätsklinikums Freiburg am Beispiel des Rotavirus zeigen, wie eine solche Infektion sehr effektiv bekämpft werden kann: Dies geschieht durch das Zusammenspiel spezieller Interferone (Interferon-lambda, IFN-λ) mit speziellen Interleukinen (IL-22), die wiederum durch eine Untergruppe der ILCs, die ILC3-Zellen, produziert werden. Rotaviren sind hoch ansteckende Erreger, die zu Erbrechen und Durchfall führen können. Bei Kindern ist das Rotavirus der häufigste Erreger von Durchfall – und für mehr als 500.000 Todesfälle jährlich weltweit verantwortlich. Es greift die sogenannten Epithelzellen des Darms an und schädigt diese. „Wir konnten zeigen, dass Interferon-lambda (IFN-λ), obgleich nötig, nicht ausreichend ist, um eine Rotavirus-Infektion in den Griff zu bekommen, sondern dass zusätzlich zum IIFN-λ Interleukin-22 (IL-22) zum Schutz gegen eine Rotavirus-Infektion gebraucht wird“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Andreas Diefenbach. Es gelang den Wissenschaftlern, den dieser Synergie zugrundeliegenden Mechanismus aufzuklären. Sie fanden heraus, dass beide Botenstoffe im Zusammenspiel das Rotavirus optimal bekämpfen können, indem sie die Bildung antiviraler Proteine vor allem in den Epithelzellen des Darms triggern, die letztlich den Aufbau neuer Viruspartikel verhindern.
Dem Botenstoff Interleukin-22 werden innerhalb der Immunabwehr vielfältige Rollen zugeschrieben, beispielsweise in der Abwehr von bakteriellen Infektionen des Darms und der Lunge. Zudem leistet Interleukin-22 einen wichtigen Beitrag bei Gewebereparaturvorgängen im Darm etwa nach Schädigung des Epithels durch Bestrahlung. „Die neue Rolle, in der Interleukin-22 quasi als Verstärker des Interferons wirkt, ist deshalb so spannend, da sie Implikationen für das Design künftiger Immuntherapien haben könnte“, so Diefenbach. Interferone werden beispielsweise zur Immuntherapie von oft schwer zu behandelnden, chronischen viralen Infektionen – wie der Hepatitis – eingesetzt. Der Mechanismus, nach dem zwei Spieler des angeborenen Immunsystems – die beide in den Epithelzellen wirken – aufeinander abgestimmt agieren, könnte im Laufe der Evolution, in der sich auch Viren immer wieder verändert und angepasst haben, sozusagen als zweite Sicherungsebene der Immunabwehr nötig geworden sein, mutmaßen die Wissenschaftler. Da das Rotavirus insbesondere für Kinder gefährlich ist, erhoffen sie sich zudem Erkenntnisse über die Funktion der Immunabwehr am Lebensanfang, wenn das erworbene Immunsystem noch nicht voll ausgebildet ist. Originalpublikation: Interferon-λ and interleukin 22 act synergistically for the induction of interferon-stimulated genes and control of rotavirus infection Pedro P. Hernández et al.; Nature Immunology, doi: 10.1038/ni.3180; 2015