Patienten mit einem linkshemisphärischen Infarkt müssen bei der kognitiven Verarbeitung von Handlungsbildern mehr Hirnaktivität aufwenden als Patienten mit einem rechtshemisphärischen Infarkt. Diese Erkenntnis ermöglicht eine spezifischere Auswahl mentaler Therapiemethoden.
Das Beobachten und die Vorstellung von motorischen Bewegungen regt das motorische System im Gehirn an und hat einen bahnenden Effekt auf die Bewegungsausführung. Dieser Effekt wird über das System der „Spiegelneurone“ vermittelt, unterstützt motorisches Lernen und wird zunehmend auch in der Rehabilitation nach Erleiden eines Schlaganfalls genutzt. Das Beobachten von Videos und Imitieren einfacher Handbewegungen wird häufig „Videotherapie“ genannt. In mehreren Studien konnte ein Team um Prof. Dr. Christian Dettmers zeigen, dass diese Therapieform in allen Altersgruppen von Schlaganfall-Patienten sinnvoll und effektiv ist.
Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist, für welche Patienten diese Therapieform besonders geeignet sein kann. Das Team von Ärzten und Wissenschaftlern untersuchte, ob Patienten mit einem Schlaganfall in der linken Hirnhälfte Beobachtung und Imitation von Handbewegungen anders verarbeiten als Patienten mit einem Schlaganfall in der rechten Hirnhälfte. Diese Vermutung lag nahe, da die rechte und die linke Hirnhälfte in verschiedener Hinsicht spezialisiert sind. 18 Patienten, bei denen die Hirnrinde erhalten, tiefer liegende Strukturen jedoch geschädigt waren, nahmen an der Studie teil. Bei 9 von ihnen lag der Hirninfarkt in der rechten, bei 9 in der linken Hirnhälfte. Alle Patienten waren Rechtshänder und die Läsion war gleich groß in beiden Patientengruppen. Die Patienten wurden mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRT) untersucht. Den Patienten wurden Videos von einfachen motorischen Alltagsbewegungen gezeigt. Sie wurden gebeten, diese zu beobachten und in einer zweiten Bedingung zusätzlich sich deren Ausführung vorzustellen.
Im Ergebnis zeigten alle Patienten einen höheren Level von Hirnaktivität in der nicht geschädigten Hirnhälfte. Patienten mit einer Läsion der linken Hirnhälfte zeigten höhere Aktivität im visuellen und prämotorischen Kortex. Die höhere Aktivität in dieser Patientengruppe, die klinisch auch etwas mehr beeinträchtigt war, war vergesellschaftet mit einem lebhafteren Vorstellungsvermögen. Daraus lässt sich ableiten, dass Patienten mit linkshemisphärischen Infarkten mehr Hirnaktivität bei der kognitiven Verarbeitung von Handlungsbildern aufwenden müssen als Patienten mit rechtshemisphärischen Infarkten. Dies kam noch deutlicher zur Darstellung während der Bewegungsvorstellungsaufgabe und hängt wahrscheinlich mit der Dominanz der linken Hemisphäre bei Rechtshändern zusammen. Diese Erkenntnisse helfen dabei, die effektivste Therapie für die Patienten in Abhängigkeit von der individuellen Läsion auszuwählen. Originalpublikation Impact of left versus right hemisphere subcortical stroke on the neural processing of action observation and imagery Christian Dettmers et al.; Restorative Neurology and Neuroscience, doi: 10.3233/RNN-140487; 2015