Ein neuartiger Thrombozytenaggregationshemmer, der spezifisch an verletzte Blutgefäße bindet, wurde nun in einer Studie an Patienten und Patientinnen getestet. Die Ergebnisse zeigen das Potenzial gegenüber bisherigen Hemmern.
Herkömmliche Blutplättchenhemmer wie Aspirin® oder Clopidogrel wirken im ganzen Organismus. Im Gegensatz dazu lagert sich der neue Hemmer Revacept wie ein Pflaster an die verletzten Blutgefäße an und verhindert, dass dort Blutplättchen binden.
Die Blutgerinnung wird durch Revacept nur lokal gehemmt und nicht im ganzen Körper. Dies könnte das Blutungsrisiko reduzieren, eine gefährliche Komplikation der zurzeit gängigen blutplättchenhemmenden Medikamente. Ein Team um Prof. Steffen Massberg vom LMU Klinikum München hat Revacept im Rahmen einer klinischen Studie nun erstmals während eines Herzkathetereingriffs getestet.
Während dieses Eingriffs erhalten Patienten standardmäßig blutplättchenhemmende Medikamente, wenn verengte Gefäße geweitet werden müssen, um Gerinnsel und somit einen Herzinfarkt zu vermeiden.
Obwohl damit die Rate der Herzattacken während und kurz nach dem Kathetereingriff gesenkt werden kann, treten sie bei einigen Patienten immer noch auf. Laut Massberg gibt es dafür zwei Gründe: „Die zurzeit verabreichten Blutplättchenhemmer Clopidogrel und Aspirin werden als Tablette eingenommen, es dauert drei bis vier Stunden bis sie über den Darm ins Blut gelangen und dort wirken. Außerdem wirkt Clopidogrel bei 20 Prozent der Patienten nicht ausreichend.“
Die Wissenschaftler wollten wissen, ob Revacept diese zeitliche und individuelle therapeutische Lücke schließen kann, so dass die Herzinfarktrate sinkt, ohne dass das Blutungsrisiko sich erhöht. Revacept hat den Vorteil, dass es direkt ins Blut der Patienten gespritzt werden und somit schnell wirken kann.
334 Patienten mit einer stabilen koronaren Herzerkrankung nahmen an der Studie teil. Revacept wurde dabei zusätzlich zu den bewährten Blutplättchenhemmern verabreicht. Im Blut der Studienteilnehmer konnten die Forscher nachweisen, dass Revacept mit einer Dosierung von 160 mg seine gerinnungshemmende Wirkung auch bei Patienten so gezielt entfaltet wie in vorherigen Studien bei gesunden Probanden beobachtet.
„Revacept ist sicher, Blutungskomplikationen traten nicht vermehrt auf“, fasst Massberg das Ergebnis der Studie zusammen. Herzinfarkte während und kurz nach dem Kathetereingriff waren insgesamt sehr selten und konnte durch die Gabe von Revacept zusätzlich zu den herkömmlichen Blutplättchenhemmern nicht weiter reduziert werden.
„Da es sich um eine klinische Studie Phase II handelte, wurde der neuartige Blutplättchenhemmer bei Niedrig-Risiko Patienten getestet. In dieser Patientengruppe treten generell weniger Herzinfarkte auf“, vermutet Massberg.
In einer Phase-III-Studie wolle sie deshalb untersuchen, wie Revacept bei Patienten wirkt, die eine Gefäßerweiterung im Rahmen eines Herzinfarktes erhalten. In dieser Gruppe ist es wahrscheinlicher, einen Effekt von Revacept auf die Herzinfarktrate zu beobachten.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung. Hier haben wir euch die Originalpublikation verlinkt.
Bildquelle: Paweł Czerwiński, Unsplash