B.1.351 aus Südafrika kann sich dem Impfschutz besonders gut entziehen. Das geht aus neuen Daten aus Israel hervor. Doch was bedeutet das für uns?
Laboruntersuchungen ließen bereits Schwierigkeiten bei den Impfungen gegen Corona-Varianten erwarten. Antikörper, die nach einer Corona-Impfung gebildet werden, können die neuen Varianten – insbesondere die aus Südafrika und Brasilien – weniger gut neutralisieren. Jetzt gibt es diesbezüglich erstmals Real-Life-Daten aus Israel.
Kustin et al. untersuchten in ihrer Studie die Hypothese, ob die neuen Corona-Varianten dazu in der Lage sind, den Corona-Impfschutz zu überwinden. Dabei sind insbesondere die drei Varianten von Interesse, die von der WHO als Variants of concern (VOC) gelistet sind: B.1.1.7 aus Großbritannien, die südafrikanische Variante B.1.351 und P1, die gerade in Brasilien grassiert. Sie sind vermutlich infektiöser und möglicherweise auch gefährlicher als die ursprüngliche Variante aus Wuhan.
Aus den Daten der Clalit Health Services (CHS), einer der vier großen israelischen Health-Maintenance-Organisationen (HMO), identifizierten Kustin et al. geimpfte Personen mit dokumentierter symptomatischer oder asymptomatischer SARS-CoV-2-Infektion. Dabei konzentrierten sie sich einerseits auf Personen mit teilweisem Impfschutz – also Personen mit einem positiven PCR-Test, der zwischen 14 Tagen nach der ersten und einer Woche nach der zweiten Dosis durchgeführt wurde. Andererseits untersuchten sie Personen mit vollständigem Schutz. Das waren Personen mit positivem PCR-Test, der mindestens eine Woche nach Erhalt der zweiten Dosis des Biontech-Impfstoffs durchgeführt wurde.
Jeder Geimpfte mit positivem Test wurde mit einem ungeimpften Infizierten mit ähnlichen demografischen Merkmalen (Datum der PCR, Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und geografische Lage) abgeglichen, um Verzerrungen durch unterschiedliche Exposition zu vermeiden. Insgesamt lagen Kustin et al. Abstrichproben von 813 Personen vor, die sie auf die Corona-Varianten hin untersuchten.
Die Forscher stellten zunächst fest, dass in der überwiegenden Zahl der Proben die B.1.1.7-Variante zu finden war. Sie ist in Israel, wie in vielen anderen Ländern, die vorherrschende Variante. Deutlich geringer war der Anteil der südafrikanischen Variante. Sie ließ sich nur in etwa einem Prozent nachweisen. Weitere Varianten fanden sich nicht.
Unter den wenigen Fällen, in denen es trotz Impfung zur Infektion kam, war die südafrikanische Variante allerdings stark vertreten. Geimpfte mit vollständigem Schutz waren überproportional mit B.1.351 infiziert verglichen mit ungeimpften Kontrollen (Odds Ratio von 8:1). Diejenigen mit teilweisem Impfschutz waren hingegen überproportional mit B.1.1.7 infiziert (Odds Ratio von 26:10). Die Beobachtungen stimmen mit den Ergebnissen von In-vitro-Neutralisationstests überein. Einige Studien zeigten bereits, dass Antikörper, die nach einer Corona-Impfung gebildet werden, die Variante B.1.351 schlechter neutralisieren können. Im Fall von B.1.1.7 war die Neutralisation durch Antikörper hingegen weniger stark oder gar nicht eingeschränkt.
Die südafrikanische Variante scheint dem Impfschutz also besonders gut entkommen zu können. Damit scheint eine reale Gefahr zu bestehen, dass sich B.1.351 in einer geimpften Bevölkerung ausbreiten könnte. Doch was bedeutet das für uns?
Die entscheidende Frage ist, ob B.1.351 durch die Impfungen einen „Wettbewerbsvorteil“ gegenüber B.1.1.7 erhält. Nach jetzigem Stand setzt sich B.1.351 in Deutschland nicht durch. Der Anteil ist seit Beginn des Jahres laut RKI auf konstant niedrigem Niveau, konkret unter 1 %. Er hat also derzeit keinen Selektionsvorteil, aber das könnte sich durch die Impfungen ändern.
Auf Twitter machen Virologen aber auch noch auf einen anderen wichtigen Aspekt aufmerksam: Die Zahl der Geimpften nimmt immer weiter zu. Und das reduziert – wie Studien zeigen – die Viruslast von Geimpften. Damit verringert sich das Risiko, dass diese Menschen die Virusvarianten weiterverbreiten. Wenn die Kontakte dieser Personen auch noch geimpft sind, dann ist es auch weniger wahrscheinlich, dass sich diese Kontakte anstecken.
Israel ist auch dafür ein Beispiel: Eine B.1.351-Welle gibt es dort im Moment nicht. Allerdings wird Deutschland das Impfniveua Israels wohl nicht vor Juni erreichen. Bis dahin müssen die neuen Corona-Varianten in jedem Fall weiterhin konsequent nachverfolgt und Infektionsketten durchbrochen werden. Nur so lässt sich die Ausbreitung bislang verhindern. Unklar ist bisher, ob die Beobachtung bezüglich der B.1.351-Variante auch für den AstraZeneca-Impfstoff gilt.
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