Sind Antikoagulantien ein Auslöser von Hirnblutungen? Eine neue Studie deckt erstmals eine andere primäre Ursache auf. Die Ergebnisse sind vor allem für die Prävention interessant.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in der Regel komplex und betreffen mehrere Organe gleichzeitig. Behandlungen von Gefäßkrankheiten im Hirn können deshalb Auswirkungen auf die Behandlung von Herzerkrankungen haben.
Bisher galt vor allem der Einsatz von Antikoagulantien als Risikofaktor und potenzieller Auslöser einer Hirnblutung. Eine Studie des Universitätsspitals Bern ging nun den Ursachen von Hirnblutungen auf den Grund und entdeckte eine andere primäre Ursache.
Das Forscherteam stellte dazu eine Studie zur Blutverdünnung einer weiteren, die sich mit Mikroangiopathie bei Hirnblutungen beschäftigte, gegenüber.
In der ersten Untersuchung wurden Marker für Mikroangiopathien im Hirn von 1.030 Patientinnen und Patienten mit Hirnblutungen gesucht. In der zweiten Studie wurden 1.447 Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern und Durchblutungsstörungen des Hirns begutachtet. In dieser Gruppe wurde das Auftreten von Hirnblutungen und ischämischem Schlaganfall in Abhängigkeit von Blutverdünnung betrachtet.
Es zeigte sich, dass eine mittlere bis schwere Erkrankung der Kleinstgefäße im Hirn eng mit dem Auftreten von Hirnblutungen einhergeht.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Vorhandensein von Mikroangiopathien eine Grundvoraussetzung für eine Hirnblutung unter Blutverdünnern ist. Der Grad der Mikroangiopathie im Gehirn eignet sich zur Vorhersage einer Hirnblutung. Ohne Mikroangiopathie ist dagegen das Hirnblutungsrisiko verschwindend gering. Daraus folgert, dass Blutverdünnung nicht mehr als primäre Ursache für Hirnblutungen angesehen werden sollte“, fasst David Seiffge, Erstautor der Studie, zusammen.
Bisher wurde bei einer Hirnblutung die Antikoagulation sofort abgebrochen, die eigentlich einen wichtigen Schutz vor ischämischem Hirnschlag bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern darstellt.
Die Studienergebnisse legen nahe, dass eine Blutverdünnung alleine nicht mehr als Ursache für Hirnblutungen angesehen werden kann. Dagegen stellt die Mikroangiopathie eine Voraussetzung für eine Hirnblutung dar: Patienten ohne eine solche Erkrankung hatten keine einzige Hirnblutung im Rahmen der Studie, obwohl sie mit einer Blutverdünnung behandelt wurden.
Durch die Therapie der Erkrankung der Kleinstgefäße im Hirn können Hirnblutungen ursächlich vermieden werden und dank einer angepassten Fortsetzung der Blutverdünnung kann ein gewisser Schutz vor Hirnschlag aufrechterhalten werden.
„Neu sollten zur Verhinderung von Hirnblutungen daher Mikroangiopathien systematisch gesucht und gezielt behandelt werden. Geeignete Spezialsprechstunden stehen heute zur Verfügung. So würde das Risiko von Hirnblutungen bei Vorhofflimmern ursächlich und wirksam vermindert“, sagt Prof. Marcel Arnold.
Derzeit läuft eine große, internationale Studie mit dem Ziel, die Therapien der Antikoagulation und der Behandlung von Mikroangiopathien aufeinander abzustimmen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsspitals Bern. Zur Originalpublikation gelangt ihr hier.
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