Das IQWiG hat Insulin degludec bei einer Subgruppenanalyse auf einen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie untersucht. Für Kinder und Jugendliche konnte kein Anhaltspunkt auf einen Zusatznutzen gefunden werden.
Insulin degludec (Handelsname Tresiba) ist seit Januar 2015 für Jugendliche und Kinder ab einem Jahr mit Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 zugelassen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun in einer frühen Nutzenbewertung gemäß Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) überprüft, ob dieser neue Wirkstoff alleine oder in Kombination mit anderen blutzuckersenkenden Medikamenten gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie einen Zusatznutzen bietet. Für Jugendliche und Kinder mit Diabetes mellitus Typ 1 lasse sich aus dem Dossier kein Zusatznutzen für Insulin degludec ableiten. Allerdings zeige sich bei Mädchen ein Anhaltspunkt für einen größeren Schaden in Bezug auf schwerwiegende unerwünschte Ereignisse. Weil der Hersteller keine Daten für Jugendliche und Kinder mit Typ-2-Diabetes vorgelegt hat, ist hier keine Aussage zu einem größeren oder geringeren Nutzen möglich.
Anders als in seinem Dossier zur Nutzenbewertung von Insulin degludec bei Erwachsenen im Sommer 2014 unterscheidet der Hersteller bei der Auswertung von Studiendaten in seinem aktuellen Dossier nicht zwischen Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes. Als Gründe dafür nennt er, dass in der Fachinformation das Anwendungsgebiet nicht differenziert und grundsätzlich eine intensivierte Insulintherapie für Jugendliche und Kinder empfohlen werde. Bei der Dossierbewertung unterscheidet das IQWiG dagegen zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, weil es sich um zwei verschiedene Krankheitsbilder handelt: Bei Typ-1-Diabetes liegt ein absoluter Insulinmangel vor, sodass die Insulinsubstitution überlebensnotwendig ist. Bei Typ-2-Diabetes liegt ein relativer Insulinmangel vor, der auch durch andere Maßnahmen oder Arzneimittel (teil-)kompensiert werden kann. Darauf beruhen die unterschiedlichen Therapieempfehlungen für die beiden Krankheitsbilder in der Fachinformation, von denen Kinder und Jugendliche nicht ausgenommen sind.
Die einzige Studie, die der Hersteller in seinem Dossier darlegt, untersucht Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ 1. Die Ergebnisse zeigen in Bezug auf Sterblichkeit, Symptome und Beschwerden sowie die meisten Nebenwirkungen keine Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität wurde nicht untersucht. Deshalb ließ sich für diese Endpunkte kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Insulin degludec ableiten.
Für Jungen zeigte die IQWiG-Analyse weder positive noch negative Effekte. Doch bei Mädchen mit Diabetes mellitus Typ 1, die mit Insulin degludec behandelt wurden, traten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse häufiger auf als in der Vergleichsgruppe: Bei etwa 15 von 100 Mädchen, die Insulin degludec erhielten, traten innerhalb von 52 Wochen schwere Nebenwirkungen auf. Bei den Mädchen, die die Standardtherapie erhielten, war das bei etwa 3 von 100 der Fall. Daraus ergebe sich für Insulin degludec gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie bei der Behandlung von Mädchen ein Anhaltspunkt für einen geringeren Nutzen.
Für Jugendliche und Kinder ab einem Jahr mit Diabetes mellitus Typ 2 legt der Hersteller in seinem Dossier keine Daten vor. Deshalb lasse sich kein Anhaltspunkt für einen Zusatznutzen von Insulin degludec im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie ableiten. Originalpublikation: Frühe Nutzenbewertung des IQWiG zu Insulin degludec bei Diabetes mellitus Typ 1 (Kinder und Jugendliche)