Während der zweiten Welle mussten deutlich weniger COVID-Patienten maschinell beatmet werden. Doch es gibt auch weniger gute Neuigkeiten von Deutschlands Intensivstationen.
Auf Deutschlands Intensivstationen wird es dank Corona wieder voll. Vieles läuft im Vergleich zum Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 aber anders. Das betrifft vor allem die Beatmung der COVID-19-Patienten, wie eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt.
Darin untersuchten Karagiannidis et al. die Rolle der nicht-invasiven Beatmung (NIV) bei schwerkranken COVID-19-Patienten. In die Analyse flossen die Daten von ingesamt 7.490 COVID-19-Patienten auf Deutschlands Intensivstationen ein. Das mittlere Alter betrug 70 Jahre, 66 % waren männlich.
Wie sich heraustellte, war der Anteil der hospitalisierten COVID-19-Patienten, die invasiv beatmet werden mussten, während der zweiten Welle deutlich geringer als noch in der ersten Welle. Er sank deutlich von 74 % im Frühjahr auf 39 % im Herbst 2020. Der Anteil an ausschließlich nicht-invasiv beatmeten Patienten stieg entsprechend von 10 % auf 28 % an. Insgesamt mussten zwar gleichzeitig auch mehr NIV-Patienten anschließend dennoch intubiert werden (9 % vs. 21 %), der relative Anteil an Patienten mit NIV-Versagen unter allen NIV-Patienten sank jedoch von 49 % (219 von 449 Patienten) auf 42 % (927 von 2,185 Patienten).
Auch die Dauer der maschinellen Beatmung nahm ab. Statt im Mittel 11,6 Tage lang, mussten die Patienten nur noch 7,6 Tage maschinell beatmet werden. Allgemein verbrachten die COVID-Patienten im Herbst 2020 weniger Zeit im Krankenhaus als noch im Frühjahr. Waren es in der ersten Welle noch durchschnittlich 26 Tage, konnten die Patienten während der zweiten Welle schon nach 22 Tagen nach Hause entlassen werden.
An der Gesamtmortalität änderte all das allerdings nichts: In der ersten Welle starben 53 % der hospitalisierten Patienten auf der Intensivstation, in der zweiten Welle 51 %. Unter NIV-Patienten betrug die Mortalität 39 %, bei mechanisch beatmeten Patienten 51 %. Die höchste Mortalität war unter denjenigen Patienten zu verzeichnen, die zunächst eine NIV erhielten, dann aber doch intubiert werden mussten (NIV-F). Hier betrug die Mortalität 66 %. Je später intubiert wurde, desto höher fiel sie aus: Bei Intubation am Tag 1 betrug sie 58 % – und stieg auf 75 % nach 4 Tagen an.
Die Autoren leiten aus ihren Ergebnissen klinische Überlegungen ab: Am wichtigsten sei, dass sich die NIV bei der Behandlung von schwerem Atemversagen infolge von COVID-19 eindeutig etabliert habe. Dadurch konnte die Gesamtdauer der maschinellen Beatmung und der Krankenhausaufenthalte verkürzt werden. Die abnehmende Rate der NIV-Patienten, die später intubiert werden mussten, deute zudem auf eine Lernkurve hin. Dies könne laut der Autoren aber auch mit anderen Behandlungserfolgen zusammenhängen, wie etwa dem Einsatz von Kortikosteroiden.
Dennoch sollten Ärzte die NIV mit Vorsicht einsetzen, da auch ein Versagen der NIV weiterhin häufig auftritt und mit einer erhöhten Mortalität verbunden ist. Bei vielen Patienten, so die Autoren, kann eine NIV die maschinelle Beatmung eben nicht ersetzen. Zudem sollten Mediziner nicht zu lange mit dem Umstellen auf eine maschinelle Beatmung warten – die Analyse zeige schließlich eine höhere Mortalität unter denjenigen Patienten, die erst eine NIV erhielten und trotzdem intubiert werden mussten als bei Patienten, die von vornherein maschinell beatmet wurden.
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Bildquelle: Ibrahim Rifath, unsplash