Eine Leitlinien-Recherche hat gezeigt, dass bei den Vorgaben zur Behandlung von Brustkrebs Diskrepanzen zu aktuellen evidenzbasierten Daten bestehen. Ein Projektteam hat nun Vorschläge zur Aktualisierung gemacht.
Disease-Management-Programme (DMP) sind strukturierte Behandlungsprogramme für Patientinnen und Patienten mit bestimmten chronischen Krankheiten, die eine einheitliche Behandlung garantieren sollen. Die Anforderungen daran regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in der DMP-Anforderungen-Richtlinie.
Bundesweit waren im Juni 2020 beispielsweise mehr als 140.000 Krankenversicherte im DMP für Brustkrebs eingeschrieben.
Bei einem Abgleich des geltenden DMP für Brustkrebs und aktuellen evidenzbasierte Leitlinien wurden jedoch durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Mängel festgestellt. Der Abschlussbericht wurde nun veröffentlicht.
Dem Bericht nach, für den das Projektteam insgesamt 905 Empfehlungen aus 26 Leitlinien in die Analyse einbezog, sollen fast alle Versorgungsaspekte des geltenden DMP Brustkrebs überarbeitet werden.
Vor allem im Bereich der systemischen Therapie des Brustkrebses gibt es neue Erkenntnisse, die im DMP Brustkrebs bisher noch nicht ausreichend berücksichtigt sind.
Dazu zählt der teilweise empfohlene großzügigere Einsatz systemischer Therapien bereits vor der Operation oder auch den Einsatz verschiedener zielgerichteter Therapien (z. B. Antikörper oder Kinaseinhibitoren) insbesondere bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs.
Im Gegensatz zur geltenden DMP empfehlen aktuelle Leitlinien darüber hinaus den Einsatz biomarkerbasierter Tests.
Neben dem Oncotype-DX-Test können künftig drei weitere biomarkerbasierte Tests als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden, wenn für die Patientin auf Basis klinisch-pathologischer Kriterien keine eindeutige Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie getroffen werden kann. Dahingehend sollte als das DMP Brustkrebs aktualisiert werden.
Neue Empfehlungen gibt es auch zur operativen Lymphknotenentfernung im Achselbereich und im regionären Lymphabflussbereich: Zur Anzahl der zu entfernenden Lymphknoten sollen in Zukunft keine Angaben mehr gemacht werden.
Der IQWiG-Abschlussbericht hebt außerdem hervor, dass die Versorgung älterer Patientinnen in der DMP gezielter und ausführlicher aufgegriffen werden sollte. Besonders ältere Patientinnen benötigen eine gut abgewogene onkologische Therapie, um eine Über- oder Untertherapie zu vermeiden.
Das IQWiG fand in den Leitlinien darüber hinaus auch Versorgungsaspekte beschrieben, die bisher gar nicht in der DMP thematisiert werden. Dazu gehört „Brustkrebs des Mannes“ sowie „Brustkrebs und Schwangerschaft“. Hier sei eine Aufnahme in die DMP zu diskutieren.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Den Bericht haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Bildquelle: Matthew T Rader, unsplash