Sinusvenenthrombosen in Verbindung mit dem AstraZeneca-Impfstoff sorgen für Verunsicherung. Das wirft die Frage auf: Sollten Frauen unter 60 lieber ein anderes Vakzin erhalten?
Auf der Basis aktueller deutscher Daten zum Auftreten von Hirnvenenthrombosen bringt ein namhafter Impfexperte eine Einschränkung des Corona-Vakzins von AstraZeneca ins Spiel.
Mittlerweile gibt es 16 Fälle von Hirnvenenthrombosen, die in Verbindung mit dem Vakzin von AstraZeneca stehen könnten, vier Personen verstarben. In 15 dieser Fälle waren die Betroffenen Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren. Von den 16 Fällen wurde in 10 Fällen neben einer Sinusvenenthrombose (SVT) außerdem ein Mangel an Blutplättchen nachgewiesen.
Nach einem vorübergehenden Impf-Stopp für alle (wir berichteten) geht es nun mit dem Verimpfen von AstraZeneca wieder weiter. Doch wäre es nicht sinnvoller, statt des Alle-oder-Keiner-Prinzips nur gefährdete Gruppen von der Impfung mit dem Vakzin auszuschließen?
Dieser Meinung ist beispielsweise Dr. Leif Erik Sander von der Charité Berlin. „16 Sinusvenenthrombosen auf 2,3 Mio. Impfungen mit AstraZeneca sind zu viel. Ich kenne leider die ganz exakten Zahlen auch nicht, aber für junge Frauen ist Inzidenz vermutlich >1:100.000. Die AstraZeneca-Impfempfehlung für Frauen unter 60 Jahren sollte meines Erachtens geändert werden“, so der Facharzt für innere Medizin und Pneumologie. „Kommunikations- und Imageschaden hin oder her. Safety First – sonst kann es kein Vertrauen geben.“
Dabei betont der Experte zwar die Sicherheit des Impfstoffs für den Großteil der Impflinge, schlägt aber für die Gruppe der jüngeren Frauen die ausschließliche Anwendung der mRNA-Technologie vor: „Das individuelle Risiko für eine schwere Impfkomplikation nach einer AZ-Impfung ist weiterhin extrem gering, wohingegen das Risiko, an COVID-19 zu erkranken, derzeit massiv steigt. Aber meines Erachtens sollten wir jüngeren Frauen ein Impfangebot mit mRNA machen.“
Wie jüngsten Medienberichten zu entnehmen ist, hat sich der Kreis Euskirchen in Nordrhein-Westfalen heute (Montag, 29.03.) dazu entschieden, genau diesen Schritt zu gehen. Mit sofortiger Wirkung wird das AstraZeneca-Vakzin dort nicht mehr an Frauen verimpft, die jünger als 55 Jahre sind.
Auch bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) tut sich was. Wie sie am 25. März ankündigte, findet heute ein Treffen in Form einer „Ad Hoc Expert Group“ statt, um die aktuelle Lage zu besprechen und „neuen Input“ für die Bewertung des Impfstoffs von AstraZeneca beizusteuern.
Die Ergebnisse sollen in den kommenden Tagen verkündet werden. Anzunehmen ist, dass auch auch die Ständige Impfkommission (STIKO) die aktuellen Daten sichtet und sich bereits dazu Gedanken macht.
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Bildquelle: Pauline Loroy, unsplash