Immer weniger Menschen konsumieren klassische Tabakprodukte. Gleichzeitig steigt die Zahl der „E-Raucher“. In einem Memorandum fordern Krebsforscher Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Über das Für und Wider von E-Zigaretten wird weiterhin gestritten.
Neue Zahlen des Statistischen Bundesamts (DESTATIS): Im Jahr 2013 starben bundesweit 46.332 Personen an Krebserkrankungen, die in Zusammenhang mit klassischen Tabakprodukten gebracht werden. Neben Bronchialkarzinomen sind hier Larynx- und Tracheakarzinome zu nennen. Forderte der blaue Dunst im Jahr 2005 genau 25,7 weibliche Opfer je 100.000 Einwohner, stieg die Zahl in 2013 bereits auf 31,0 Frauen je 100.000 Einwohner an. Zwar sind die Mortalitäten bei Männern absolut betrachtet höher (50,1 Personen je 100.000 Einwohner im Jahr 2013). Die Kurve geht aber leicht nach unten. In 2005 verstarben noch 57,3 Männer je 100.000 Einwohner an tabakassoziierten Krebserkrankungen.
Ein weiterer Trend: Bei klassischen Zigaretten verringerte sich der Konsum von 263 Millionen (2005) auf 218 Millionen Stück (2014). Im gleichen Zeitraum wurde auch deutlich weniger Feinschnitt verkauft, nämlich 91 versus 70 Tonnen pro Jahr. Lediglich bei Pfeifentabak verdoppelte sich die abgegebene Menge (zwei versus vier Tonnen pro Jahr). Etwa 71 Prozent aller Männer und 80 Prozent aller Frauen rauchen nicht. Gerade bei jüngeren Menschen unter 25 tut sich viel. Der Nichtraucheranteil ist innerhalb von acht Jahren um zehn Prozentpunkte angestiegen. Weitere Details kommen vom deutschen Gesundheitsmonitor des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH): Während Tabakkonsumenten im letzten Jahr durchschnittlich 20,7 Tage darnieder lagen, kamen Ex-Raucher lediglich auf 16,3, und Nichtraucher auf 12,4 Krankheitstage. Unterschiede zeigen sich BAH-Angaben zufolge bei der Schlafqualität und bei der allgemeinen, subjektiven Zufriedenheit. Der Verband rät Rauchern, sich in Apotheken über Möglichkeiten der Entwöhnung beraten zu lassen.
Ob E-Zigaretten einen Weg aus der Sucht ebnen, ist aus wissenschaftlicher Sicht „weitgehend ungeklärt“, heißt es dazu von der Bundesärztekammer (BÄK). „Zudem wäre hierfür eine Zulassung als Arzneimittel erforderlich.“ Es geht aber nicht nur um gesundheitliche Aspekte, sondern auch um den reinen Genuss. Laut Befragungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kennen mittlerweile neun von zehn Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren E-Zigaretten. Und 15 Prozent haben sie schon mindestens ein Mal ausprobiert. „Rauchen ist mehr und mehr out. Die aktuellen Daten der BZgA-Studie zeigen jedoch auch, dass bunte, peppige E-Shishas und E-Zigaretten eine große Anziehungskraft auf Kinder und Jugendliche ausüben und diesen positiven Trend umkehren können“, sagt Marlene Mortler (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Heilberufler sehen das ähnlich. „Mit E-Zigaretten werden Verhaltensmuster wie beim Rauchen von Tabakzigaretten eingeübt, und der Einstieg wird durch kindgerechte Aromabeimengungen wie zum Beispiel Kakao, Kokos oder Aprikose erleichtert“, ergänzt BÄK-Präsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery. „Enthalten sie zudem Nikotin, kann schnell auch eine körperliche Abhängigkeit entstehen. Deshalb brauchen wir klare gesetzliche Regeln für solche Produkte.“
Jetzt reden Experten Klartext. Das Deutsche Krebsforschungszentrum und das Aktionsbündnis Nichtrauchen fordern gemeinsam mit medizinischen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften Regierungsvertreter auf, endlich Maßnahmen bei E-Zigaretten zu ergreifen. Wichtige Aspekte ihres kürzlich veröffentlichten Memorandums:
Interessenvertreter reagierten postwendend. „Die E-Zigarette ist kein Gesundheitsprodukt und auch nicht für Jugendliche geeignet. Doch gemessen an der Tabakzigarette ist sie ein deutlich weniger schädliches Produkt für erwachsene Tabakraucher, die nach einer besseren Alternative suchen“, gibt Dac Sprengel, Vorsitzender des Verbands des eZigarettenhandels (VdeH) zu bedenken. Parallel zur rückläufigen Raucherquote hat sich die Zahl an E-Konsumenten von 300.000 (2010) auf drei Millionen (2015) verzehnfacht. „In Deutschland bedeutet dies bis zu neun Millionen weniger Tabakraucher – außerdem eine drastisch reduzierte Zahl der durch den Tabakkonsum verursachten Krankheiten und Todesfälle“, so der VdeH in einer Stellungnahme. Sprengel weiter: „Durch internationale Kampagnen gegen die E-Zigarette untergräbt die WHO – und in Deutschland das Deutsche Krebsforschungszentrum als federführendes Kollaborationszentrum – das Potenzial des Produkts.“ Gegner und Befürworter kreuzen einmal mehr ihre Klingen. Der gordische Knoten wird sich nur mit neuen Studien durchtrennen lassen. Und das kann dauern.