Der Impfstoff von AstraZeneca bietet nur schwachen Schutz vor der SARS-CoV-2-Variante B.1.351. Jetzt sollen Impfstoffe der zweiten Generation es richten.
Die südafrikanische Variante B.1.351 bereitet Experten, neben der in Brasilien zuerst entdeckten Linie P.1, derzeit die größten Sorgen. Nicht nur weist sie eine Mutation auf, welche die Bindung am ACE2-Rezeptor verstärkt und damit die Infektiosität erhöht. Zwei weitere Mutationen an der Rezeptorbindungsstelle scheinen die Wirkung von Antikörpern, wie sie bei einer Impfung gebildet werden, abzuschwächen. In einer Phase-1/2-Studie in Südafrika, die mit dem Impfstoff AZD1222 (AstraZeneca) durchgeführt wurde, fiel den Wissenschaftlern auf, dass die Schutzwirkung, trotz der Generierung von Antikörpern, nur gering war.
In der multizentrischen Studie erhielten 2.026 HIV-negative junge Erwachsene (mittleres Alter 30 Jahre) das Vakzin AZD1222 oder ein Placebo. Unter ihnen waren 1.467 seronegative Personen – diese hatten folglich noch nie eine SARS-CoV-2-Infektion gehabt.
Von den 750 seronegativen Impflingen, die AZD1222 erhalten hatten, erkrankten 19 (2,5 %) trotzdem „mild bis moderat“ an COVID-19. In der Placebogruppe waren dies 23 von 717 Personen (3,2 %). Das ergibt eine Impfschutzwirkung von nur 21,9 %, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von -49,9 % bis 59,8 % nicht signifikant war.
Von den 42 Erkrankungen an COVID-19 wurden 39 (92,9 %) von der Variante B.1.351 verursacht. Die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen diese Variante, die als sekundärer Endpunkt untersucht wurde, betrug nur 10,4 % (Konfidenzintervall von -76,8 % bis 54,8 %). Unter den Probanden gab es keine Krankenhauseinweisungen oder Todesfälle. Das Vorkommen schwerwiegender unerwünschter Ereignisse war zwischen der Impfstoff- und der Placebogruppe ausgeglichen.
In Laboruntersuchungen konnten die Forscher zeigen, dass die von den Geimpften gebildeten Antikörper nicht an die Virusvariante B.1.351 binden konnten. Angesichts der potenziellen Bedeutung von T-Zellen für den Schutz vor schweren Erkrankungen untersuchten die Wissenschaftler zusätzlich die Bildung von T-Zellen nach der Impfung. Sie konnten zeigen, dass der AstraZeneca-Impftoff neben Antikörpern auch die Bildung von CD4- und CD8-positiven T-Lymphozyten auslöste, die immerhin 75 von 87 untersuchten Antigenen des Spikeproteins erkennen konnten.
Basierend auf dieser breiteren Beweislage empfiehlt die WHO nach wie vor, dass der Impfstoff in Ländern, in denen die B.1.351-Variante zirkuliert, weiterhin eingesetzt werden soll, da er wahrscheinlich immer noch vor schweren Infektionen, Krankenhausaufenthalten und Tod durch COVID-19 schützt. Dass der Impfstoff bei gängiger Kühlschranktemperatur gelagert und kostengünstig hergestellt werden kann, mag zu dieser Empfehlung beitragen.
Professor Shabir Madhi, Studienleiter aus Südafrika, kommentierte die Ergebnisse so: „Trotz des enttäuschenden Ergebnisses, dass der Impfstoff von AstraZeneca aufgrund der erstmals in Südafrika identifizierten B.1.351-Variante nicht vor leichten Covid-Infektionen schützt, bestätigt die Peer-Review und die Veröffentlichung unserer Forschung die Ergebnisse und liefern überzeugende Argumente für die Entwicklung eines Impfstoffs der zweiten Generation“.
Impfstoffe der ersten Generation sind solche, die gegen das ursprüngliche SARS-CoV-2-Virus entwickelt wurden. Bei Impfstoffen der zweiten Generation handelt es sich um Technologieinnovationen, die einen Schutz gegen die sich ständig entwickelnden Varianten des Virus bieten können.
Die Studie haben wir euch hier und auch im Text verlinkt.
Bildquelle: jose aljovin, unsplash