Der PCR-Test ist Goldstandard – noch. Acht französische Patienten weisen eine neue Variante auf, die es schafft, sich vor dem PCR-Test zu verstecken. Und jetzt?
Acht Menschen zeigen typische Symptome, die auf eine SARS-CoV-2-Infektion hindeuten. Doch PCR-Tests bleiben negativ. Anschließende Sequenzierungen zeigen, dass diese Personen tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert sind – und zwar mit einer neuen Variante, die sich laut französischer Behörde nicht mittels üblichem PCR-Test nachweisen lässt. Doch war die Variante wirklich für PCR-Tests „unsichtbar“?
Die neue Variante stammt aus der Klade 20C und trägt noch keinen offiziellen Namen. Bislang spricht man von der Variante, die zuerst in der Bretagne aufgetaucht ist. Entdeckt wurde sie vor wenigen Tagen bei einem Clusterausbruch mit 79 Personen in einem Krankenhaus in der Gemeinde Lannion. Weil bei acht dieser Personen typische Symptome einer SARS-CoV-2-Infektion auftraten, der PCR-Test aber nur schwach positiv oder negativ blieb, veranlassten Mediziner eine Sequenzierung der Abstrichsproben.
Hier stellte sich heraus, dass es sich um eine neue Corona-Variante handelt, die unter anderem neun Mutationen im Spike-Protein trägt. Mehr Informationen gibt es dazu aber nicht, die Sequenzierungsdaten sind bisher nicht veröffentlicht. Die französischen Behörden stufen sie derzeit als „Variant under Investigation“ ein. Noch lässt sich nicht sagen, ob diese Mutante infektiöser oder gefährlicher ist. Die französischen Behörden scheinen eher besorgt darüber, dass sich die Variante möglicherweise unentdeckt verbreiten kann. In einer dringenden Mitteilung schreiben sie: „Eine Bewertung ist im Gange, um die möglichen Auswirkungen dieser genetischen Veränderungen auf eine fehlende Erkennung durch virologische Tests zu beurteilen, was zu einer Unterdiagnose führen und wahrscheinlich die derzeit geltende Screening- und Kontaktverfolgungsstrategie beeinträchtigen könnte.“
Noch gibt es nicht genügend Informationen, doch Experten bezweifeln, dass sich das Virus tatsächlich völlig der PCR entziehen konnte. Oft wird bei der PCR die Probe auf das Vorhandensein nur zweier Genabschnitte hin untersucht. Bei unklarem Befund, kommt ein dritter hinzu. Bei der britischen Variante B.1.1.7 können wegen der Mutation 69-70del nur zwei Genabschnitte identifziert werden („Spike gene target failure“). Für das Testergebnis ist das aber unwichtig, er fällt trotzdem positiv aus, weil immernoch zwei der drei Genabschnitte nachgewiesen werden können.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass alle drei PCR-Reaktionen ausfallen, ist extrem klein“, sagt etwa Joachim Schultze, Professor für Immunregulation und Genomics an der Universität Bonn. Wahrscheinlicher sei, dass lediglich eine Reaktion ausgefallen sei, wie bei der B.1.1.7-Variante. Dass es sich tatsächlich um einen Komplettausfall der PCR handelt, hält auch Prof. Friedemann Weber für eher unwahrscheinlich: „Ich kann mir kaum vorstellen, dass alle drei Target-Gene negativ waren.“ Er ist Direktor des Instituts für Virologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Doch was, wenn das tatsächlich der Fall war? Bräuchten wir auf lange Sicht dann einen neuen Assay, um neue Virusvarianten nachzuweisen? Prof. Dr. Thomas Schulz, Leiter des MHH-Instituts für Virologie in Hannover, erklärt: „Nein, wahrscheinlich nicht, da die meisten SARS-CoV-2-PCR-Tests zwei und auch mehr Bereiche im Virusgenom erfassen. Ein Ausfall einer dieser PCR Reaktionen würde es immer noch erlauben, den Nachweis durch Erkennen einer weiteren Region durchzuführen.“ Friedemann Weber ergänzt: „Eigentlich sind PCR-Tests breit genug aufgestellt, um die Varianten zu erfassen. Theoretisch könnte man aber relativ schnell einen PCR-Test mit neuen Primern im Labor entwickeln. Allerdings würde die Validierung eines solchen neuen Tests etwas dauern.“
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