Dieser Hoffnungsträger steht derzeit unter Beobachtung: APN01 zeigt in ersten Ergebnissen eine signifikante Verbesserung bei schweren COVID-Verläufen.
Die COVID-Impfkampagne läuft hierzulande mehr als schleppend. Dabei könnten wir alle zwischendurch auch mal hoffnungsvolle Nachrichten gebrauchen. Eine gab es auch: Das Biotechnologieunternehmen Apeiron Biologics AG gab letzten Freitag in einer Pressemitteilung bekannt, dass die Behandlung mit ihrem COVID-Medikament APN01 (Alunacedase alpha) statistisch signifikante Verbesserungen wichtiger Parameter bei schwer kranken COVID-19 Patienten gezeigt hatte.
APN01 ist die rekombinante Form des humanen Angiotensin-Converting-Enzyms 2 (rhACE2). Es ahmt die natürliche Form von ACE2 nach, einem Transmembranprotein, welches als wichtiges zelluläres Eintrittstor für SARS-CoV-2 in die Zelle gilt und somit eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von COVID-19 spielt. APN01, die lösliche Form von ACE2, kann die Infektion von Zellen verhindern, indem es an das Virus bindet und so wiederum dessen Andocken an zelluläres ACE2 verhindert.
In der multizentrischen, doppelt-verblindeten, randomisierten interventionellen Studie, die letztes Jahr kurz nach Ausbruch der Pandemie gestartet wurde, sollte die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit des Wirkstoffs an schwer erkrankten COVID-19 Patienten im Vergleich zu einem Placebo untersucht werden. Beide Studiengruppen, APN01 (n=88) und Placebo (n=90) erhielten zudem eine Standardbehandlung. Die Patienten wurden für 7 Tage behandelt und insgesamt 28 Tage in der Studie untersucht.
Primärer Endpunkt der Studie war ein kombinierter Endpunkt aus Gesamtsterblichkeit und invasiver Beatmung bis zum Tag 28 oder bis zur Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus. Weniger Patienten in der APN01 Gruppe (n=9) verstarben oder benötigten invasive Beatmung, als dies im Kontrollarm der Studie der Fall war (n=12). Jedoch konnte aufgrund der insgesamt niedrigen Ereignisanzahl keine statistische Signifikanz für den primären Endpunkt gezeigt werden. Seit Beginn der Pandemie verbesserte sich die Standardbehandlung schwer erkrankter COVID-Patienten erheblich, was dazu führte, dass weniger Patienten versterben oder invasiv beatmet werden müssen, als dies bei Studienbeginn angenommen wurde.
Sekundäre Endpunkte der Studie waren unter anderem die Anzahl der Tage ohne mechanische Beatmung, die virale RNA-Last sowie eine Verbesserung auf der WHO 11-Punkte-Skala und die Evaluation relevanter Biomarker-Veränderungen während der Behandlung mit APN01. Es wurden keine Therapie-bezogenen schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse beobachtet.
Die Ergebnisse zeigten statistische Signifikanz für die Verbesserung der Anzahl der Tage ohne mechanische Beatmung bei lebenden Patienten und die Reduktion der viralen RNA-Last. Eine verkürzte Zeit unter mechanischer Beatmung, wie in der Studie beobachtet, kann das Risiko medizinischer Komplikationen und Komorbiditäten, die mit solchen Maßnahmen einhergehen, deutlich senken und gleichzeitig Intensivstationen und das gesamte Gesundheitssystem entlasten.
Die Behandlung mit APN01 zeigte außerdem einen positiven Einfluss auf zentrale Biomarker des Renin-Angiotensin-Systems (RAS), eine Bestätigung der in-vivo Wirkung der Behandlung.
Zahlreiche Studien konnten zuvor zeigen, dass ACE2 ein zentraler Regulator des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) ist. RAS spielt eine wichtige Rolle für den Blutdruck, bei Lungenerkrankungen, diabetischen Nierenerkrankungen sowie bei Entzündungs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Konkret drosselt ACE2 das RAS System, senkt dadurch den Blutdruck, vermindert Entzündungen und schützt Organe wie Herz, Leber, Niere, Lunge und Blutgefäße vor Schäden. So kann APN01, zusätzlich zur Blockade der Eintrittspforte des Virus mittels seiner Enzymfunktion möglicherweise auch Organschäden bei COVID-19 reduzieren.
Derzeit erfolgt die detaillierte Auswertung der Studienergebnisse. Anschließend ist eine Veröffentlichung in einem wissenschaftlichen, peer-reviewten Journal geplant.
„Diese wichtige Studie untermauert die Ergebnisse unserer Forschung und vorangegangener APN01-Entwicklungsprogramme bei anderen SARS-Viren und verwandten schweren Atemwegserkrankungen. Wie in dieser Studie gezeigt, kann APN01 dem Virus „die Tür versperren“, die es nutzt, um in die Zellen zu gelangen. Zusätzlich kann das Gewebe durch die Regulation des Faktors Ang II im RAS System geschützt werden,“ kommentiert Prof. Dr. Josef Penninger, Miterfinder von APN01, Gründer und Aufsichtsratsmitglied der APEIRON Biologics AG und Professor an der University of British Columbia die Ergebnisse.
„Dies bestärkt uns darin, die Entwicklung dieses vielsprechenden therapeutischen Entwicklungskandidaten fortzusetzen.“ Die jüngst aufgetretenen Virusvarianten, die gegen Antikörper-Medikamente oder sogar gegen Impfstoffe resistent sein könnten, benötigten weiterhin ACE2 als Rezeptor und Eintrittspforte in die Zelle, erklärt Penninger. „APN01 könnte damit zu einem essenziellen Bestandteil eines globalen Therapie-Repertoires gegen diese Varianten werden sowie gegen Varianten, die in Zukunft auftreten.“
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