Schon während der ersten Frühlingstage plagen sich Allergiker jährlich mit Pollen. Eine Studie klärt nun den Einfluss natürlich vorkommender Pollen auf das Risiko, an COVID-19 zu erkranken.
Pollen sind die geschlechtlichen Keimzellen von Samenpflanzen und können beim Menschen allergische Reaktionen wie die saisonale Rhinitis allergica (Heuschnupfen), Asthma bronchiale und andere allergisch bedingte Reaktionen auslösen. Ähnlich zu Ergebnissen anderen Studien an Rhino- und RSV-Atemwegsviren begünstigt die Immunreaktion auf vermehrten Pollenflug, der in der Nase Betroffener landet, scheinbar auch bei SARS-CoV-2 das Infektionsgeschehen.
Diese Erkenntnis erbrachte nun zumindest eine aktuelle Studie der Technischen Universität München und des Helmholtz Zentrums München, welche auf fünf Kontinenten das COVID-19-Risiko in Zusammenhang mit Pollenexposition beobachtete. Demnach dämpfe die hohe Konzentration an Gräser- und Blütenpollen in den Schleimhäuten die Immunantwort nach einer viralen Ansteckung.
Die Forschungsgruppe begründet dies mit zwei Prozessen: Einerseits werden antivirale Signalstoffe, insbesondere Interferone, unterdrückt. Andererseits werden entzündungsfördernde Kaskaden, welche die Pollenexposition bekämpfen sollen, in die Wege geleitet. Beide Prozesse führen zu einer abgeschwächten Immunantwort der oberen Atemwege auf eine Infektion mit SARS-CoV-2. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass sich bei Angesteckten nach durchschnittlich vier Tagen bereits erste Symptome äußerten – und damit vergleichsweise früher als bei Patienten ohne Pollenexposition.
Die Studie der Münchner Forscher erfasst Daten aus insgesamt 31 Ländern. Abhängig von Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie konnte eine charakteristische Verteilung der Pollendaten aus Werten der ersten Welle im vergangenen Frühjahr nach geographischen Gebieten erfolgen.
Demnach sind vor allem Länder der Nordhalbkugel aufgrund der frühjährlichen Blütenpollen betroffen. Insgesamt 44 % der länderspezifischen Diskrepanz zwischen den Infektionsraten bei ähnlichen Lockdown-Maßnahmen ließe sich laut Studie durch die Einwirkung der Pollen erklären.
Besonders interessant ist, dass dieser Pollen-Effekt nicht nur Allergiker trifft. Auch die, die bisher keine allergische Reaktion auf Blüten- und Gräserpollen zeigten, können laut Studie mit einem erhöhten Infektionsrisiko bei hoher Pollenexposition rechnen. Ohne adäquaten Schutz könne in besonders konzentrierten Gebieten die Infektionsrate um 10 bis 30 % zunehmen.
Die Münchener Forschungsgruppe unterstreicht daher, dass das Tragen filternder Masken sowohl den Einfluss der Pollenexposition als auch das Risiko einer COVID-19-Infektion verringern kann.
Quelle: © A. Damialis & S. Gilles et. al. / PNAS
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