Immunologen ist es im Mausmodell gelungen, Tumoren mit einer Stammzell-Impfung erfolgreich zu bekämpfen. Pluripotente Stammzellen eignen sich als Impfstoff, weil sie ähnliche Antigene wie Tumorzellen besitzen. Lässt sich die Methode auch beim Menschen anwenden?
Krebserkrankungen stehen je nach Organbeteiligung immer noch weit oben auf der Todesursachen-Statistik. Trotz jahrelanger Forschung sehen die Prognosen bei Tumoren der Lunge, der Leber beziehungsweise der Speiseröhre immer noch schlecht aus. Nigel G. Kooreman von der Stanford University School of Medicine hat sich deshalb auf die Suche nach völlig neuen Strategien gemacht. Er arbeitete mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen). Sie lassen sich im Unterschied zu embryonalen Stammzellen aus normalen Körperzellen durch Reprogrammierung gewinnen.
Professor Dr. Hinrich Abken vom Uniklinikum Köln und vom Zentrum für Molekulare Medizin Köln (ZMMK) der Universität zu Köln, erklärt Kooremans Idee: Pluripotente Stammzellen hätten viele gemeinsame Eigenschaften mit Tumorzellen, insbesondere mit Tumorstammzellen. Dazu gehört nicht nur die Fähigkeit, sich unbegrenzt zu teilen. „Die Gruppe hat daraus die Hypothese gebildet, dass es gemeinsame Antigene zwischen den Stammzellen und den Tumorzellen geben müsse, die man für eine Impfung nutzen könnte.“ Der Experte verweist auf ältere Erkenntnisse: Schon vorher war bekannt, dass man Material aus bestrahltem Tumorgewebe für Impfungen einsetzen kann. Das Besondere an Kooremans Arbeit sei die Erkenntnis, dass iPS-Zellen Tumor-Antigene exprimierten. Im Mausmodell mit 70 Tieren trat nach der Gabe inaktivierter iPS-Zellen aus körpereigenen reprogrammierten Fibroblasten eine spezifische Immunantwort gegen Lungen-, Brust- und Hautkrebs auf. Transplantierte Tumore gingen dabei entweder komplett zu Grunde (70 Prozent) oder schrumpften (30 Prozent).
Zur Methodik selbst erklärt Hinrich Abken: „Die verwendeten Mausmodelle in der Veröffentlichung sind Standardmodelle und breit akzeptiert; der Nachweis einer induzierten zellulären Immunität gegen Tumore, die sich übertragen lässt, macht die Aussage ziemlich robust.“ Gleichzeitig spricht er die zentrale Frage aller Onkologen an: „Offen bleibt, ob das wirklich so am Menschen einsetzbar sein wird.“ Allerdings hätten Maus und Mensch „ähnliche Muster“, was es zumindest „sehr wahrscheinlich“ mache. Trotzdem gibt es Schwachstellen. Fraglich bleibe, ob das Verfahren auch gegen natürliche Tumore mit einer langen Entwicklungszeit einsetzbar sei und nicht nur bei induzierten Krebserkrankungen aus Tumorzelllinien. Sein Fazit aus dem Paper: „Der Ansatz ist spannend, herausfordernd und ist es sicherlich wert, wissenschaftlich weiter verfolgt zu werden. Es ist aber viel zu früh, um ihn als Heilverfahren bezeichnen zu können.“