Patientinnen zögern häufig, bei Herzinfarkt-Symptomen einen Notruf abzusetzen. Welche Warnzeichen gerade Frauen ernstnehmen sollten, verdeutlicht eine Kardiologin.
Der Herzinfarkt kommt plötzlich, aber nicht aus heiterem Himmel. Umso tragischer, dass pro Jahr über 46.000 Herzinfarkttote in Deutschland zu beklagen sind. Denn viele der Sterbefälle wären zu verhindern, weil etwa 30 Prozent der Patienten am akuten Herzinfarkt versterben, noch bevor sie die Klinik erreichen. In den ersten Minuten nach Verstopfung der Herzkranzarterie ist das Sterberisiko beim Infarkt besonders hoch.
„Fatalerweise zögern Betroffene bei einem Herzinfarkt immer noch zu lange, den Notruf 112 abzusetzen, [...] Frauen zögern dabei häufiger als Männer“, berichtet die Kardiologin Prof. Christiane Tiefenbacher vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
„Häufiger als bei Männern können bei Frauen weniger eindeutige Symptome auftreten, etwa Atemnot, ein Ziehen in den Armen, unerklärliche Müdigkeit, Übelkeit oder Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch oder Rücken. Symptome wie der klassische Brustschmerz etwa können bei Frauen fehlen“, erklärt Tiefenbacher. Sie appelliert deshalb an alle Frauen, sich frühzeitig über die Symptome des Herzinfarkts, seine Ursachen und wie man dem Infarkt vorbeugt, zu informieren.
Die Deutsche Herzstiftung führte ein Interview mit Lisa Ortgies, Journalistin und Moderatorin, die mit 51 Jahren von einem Herzinfarkt völlig aus ihrem Leben gerissen wurde.
Für Lisa Ortgies waren während einer Amerikareise die Symptome ihres Broken-Heart-Syndroms mit einer verengten kleineren Herzkranzarterie, auf das ein Jahr später ein Herzinfarkt folgte, nicht sofort dem Herzen zuzuordnen. „Selbst, als ich schon im New Yorker Krankenhaus war, habe ich nur auf eine Magenverstimmung oder ein Kreislaufproblem getippt – und das, obwohl ich eindeutige Herzinfarkt-Symptome hatte“, erinnert sie sich.
Ein Grund für die falsche Zuschreibung der Symptome: Ortgies erkannte Herzkrankheiten weniger als ein Problem für Frauen ihres Alters. „Ich stellte mir einen Herz-Patienten ganz anders vor“, so die Journalistin. „Für mich waren das eher ältere Männer. Deshalb habe ich damals auch so lange gebraucht, um meine Symptome einzuordnen.“ Auch die Ärzte in der Klinik dachten bei den Symptomen zuerst an Sodbrennen.
Dabei sind der Herzinfarkt und andere Herzkrankheiten keineswegs eine reine Männerkrankheit. Von den ca. 46.200 an Herzinfarkt Gestorbenen im Jahr 2018 waren etwa 19.300 Frauen (Deutscher Herzbericht 2019).
Bei Lisa Ortgies kam es beim Broken-Heart-Syndrom neben einem starken Schwächegefühl auch zum infarkttypischen Vernichtungsschmerz und die strahlten auch bei ihr in den Arm aus.
Der Herzinfarkt folgte dann ein Jahr nach dem Broken-Heart-Syndrom. Für Ortgies kam der Infarkt daher mit Ansage. Auch Stress-Kardiomyopathie genannt, ist das Broken-Heart-Syndrom eine plötzlich auftretende Herzmuskelerkrankung, die vor allem durch emotionalen Stress – sowohl negativ als auch positiv – ausgelöst wird.
„Die Krankheit tritt sehr selten auf. Frauen erkranken häufiger als Männer“, erklärt Tiefenbacher. Beim Broken-Heart-Syndrom lässt die Pumpleistung des Herzens akut nach, es kommt zu einer lebensbedrohlichen Situation. „Die Symptome ähneln denen eines Herzinfarkts, es liegt allerdings kein Verschluss eines Herzkranzgefäßes vor“, so die Kardiologin.
Hingegen hat der Herzinfarkt, bei dem ein Blutgerinsel ein Herzkranzgefäß vollständig verschließt, häufig eine längere Vorgeschichte. Ihm geht eine chronische Verengung der Herzkranzgefäße über viele Jahre voraus.
Krank sein durch Stress, sagt Ortgies, werde auch heute noch vor allem Männern zugestanden, nicht Frauen. „Es heißt nicht ohne Grund Managerkrankheit und nicht Managerinnenkrankheit.“ Frauen sollten deshalb ihre Mehrfachbelastung durch Job, Haushalt, Erziehung anerkennen und auch ernstnehmen – noch bevor, es zu Herzproblemen kommt.
Ein Broken-Heart-Syndrom kann jeden ereilen. Nicht die klassischen Herzinfarkt-Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Diabetes oder Bewegungsmangel spielen eine Rolle, sondern emotionaler Stress. Eine sinnvolle Prävention sind Entspannungstechniken wie Meditation, progressive Muskelentspannung, Atemtherapie und Yoga.
Um sich vor einem Herzinfarkt zu schützen, ist es vor allem wichtig, den eigenen Lebensstil kritisch unter die Lupe zu nehmen. Wer etwa Sport treibt, nicht raucht, sich ausgewogen ernährt und in Maßen oder gar keinen Alkohol trinkt, beugt am gezieltesten vor.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung. Das Interview haben wir euch im Text und hier verlinkt. Infos zu den Alarmzeichen eines Herzinfarkts sind hier abrufbar.
Bildquelle: Margot Noyelle, unsplash