Der Colchicin-Arm der RECOVERY-Studie stoppt die Rekrutierung. Die Forscher sehen wenig Chancen auf einen relevanten Therapieeffekt bei hospitalisierten Patienten.
Therapien bei COVID-19 zur Verhinderung von schweren Verläufen und Todesereignissen bleiben ein unerfreuliches Thema. Dexamethason und Tocilizumab gelten als etabliert bei hospitalisierten Patienten. Remdesivir bleibt umstritten. In der Frühtherapie haben die Antikörpertherapien gewisse Erfolge gezeigt, sie sind aber teuer und damit vor allem für Hoch- und Höchstrisikokonstellationen interessant. Chloroquin ist als Frühtherapeutikum schon lange vom Tisch, und Ivermectin kippt als Frühtherapeutikum gerade vom Tisch runter.
Bleibt Colchicin, wo die Lage weiterhin nicht eindeutig ist. Zur Erinnerung: Colchicin war im späten Frühjahr in der offenen, randomisierten GRECO-19-Studie vielversprechend gestartet, allerdings war das eine kleine Pilotstudie gewesen. Im Gefolge wurde die große, randomisierte COLCORONA-Studie aufgelegt, in der Colchicin als Frühtherapie gegeben wurde. Außerdem erhielt Colchicin als eines von mehreren Medikamenten einen Studienarm in der britischen RECOVERY-Studie.
COLCORONA hatte Ende Januar Daten vorgelegt, zunächst als Pressemitteilung, dann als Preprint-Publikation. Teilnehmer waren (überwiegend ambulante) Patienten mit früher COVID-19-Infektion und mindestens einem Hochrisikokriterium. Der primäre Endpunkt war Krankenhauseinweisung oder Tod durch COVID-19. Dieser trat bei Colchicin-Therapie relativ 21 % (4,7 % vs. 5,8 %) seltener auf als bei Placebo-Therapie, was knapp nicht signifikant war. Erreicht wurde die Signifikanz erst, wenn nur Patienten mit positiven SARS-CoV-2- Test ausgewertet wurden. Mechanische Beatmung wurde in einer Sekundäranalyse um 50% und Todesfälle um 44% reduziert, allerdings waren diese Ereignisse der frühen Studienpopulation geschuldet selten.
COLCORONA und RECOVERY zielten auf unterschiedliche Patienten
Insgesamt waren viele mit der COLCORNA-Studie nicht so ganz glücklich. Vor diesem Hintergrund war mit Spannung erwartet worden, wie sich Colchicin in der RECOVERY-Studie schlagen würde. Dort wurde jetzt auf Anraten des Data Monitoring Committee die Rekrutierung nach 11.162 randomisierten Patienten gestoppt, weil keine Wirksamkeit hinsichtlich des primären Endpunkts, der 28-Tage-Mortalität, mehr erwartet wurde. 20 % im Colchicin-Arm verstarben gegenüber 19 % im Kontrollarm.
Allerdings lassen sich die beiden Studien nicht direkt vergleichen, denn RECOVERY hat sich auf hospitalisierte COVID-19-Patienten konzentriert. Es ging also nicht um eine Frühtherapie. Das zeigt sich unter anderem daran, dass 2.178 der 11.162 randomisierten Studienteilnehmer verstarben, und dass 94 % der Studienteilnehmer Dexamethason erhalten hatten. Was der Stopp der RECOVERY-Studie aussagt, ist demnach, dass Colchicin bei Patienten mit krankenhauspflichtigem COVID-19 on top of Dexamethason keinen Zusatznutzen bringt. Es bleibt aber qua COLCORONA- und GRECO-19-Studie, bei allen Mängeln dieser Studien, das neben Antikörpern bisher vielversprechendste Medikament für eine Frühtherapie. Zugelassen dafür ist es noch nicht.
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