Um bei „Herzschwäche“ zu intervenieren, haben sich verschiedene Pharmakotherapien bewährt. Europäische Leitlinien geben einen Überblick. Wissenschaftler arbeiten zeitgleich an regenerativen Therapien, haben aber noch keinen großen Durchbruch erzielt.
Mit mehr als zehn Millionen Patienten in ganz Europa ist die Herzinsuffizienz eine der wichtigsten kardiologischen Leiden – und der häufigste Grund für stationäre Krankenhausaufnahmen. Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Prävalenz von weniger als einem Prozent (45 bis 55 Jahre) über zirka zwei bis fünf Prozent (65 bis 75 Jahre) auf fast zehn Prozent bei über 80-Jährigen. Laut Angaben des Statistischen Bundesamts (DESTATIS) rangieren Herzinsuffizienzen auf Platz drei der Todesursachen. In vielen Fällen gelingt es Kardiologen jedoch, erfolgreich zu intervenieren.
Dazu ein Blick auf Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC). Grundlage der Therapie sind ACE-Hemmer und Betablocker im Stadium NYHA II bis IV. Angiotensinrezeptorenblocker (ARB) kommen nur zum Einsatz, falls ACE-Hemmer nicht toleriert werden. Kombinationen von ACE-Hemmern, ARB und Betablocker sind möglich, gehen jedoch mit dem Risiko von Hyperkaliämien einher. Von Aldosteron-Antagonisten profitieren Patienten bereits bei NYHA II und einer Auswurffraktion (EF) unter 35 Prozent: ein Resultat der Emphasis-HF-Studie. Auf Basis der SHIFT-Studie [Paywall] erwähnt die ESC-Leitlinie erstmals Ivabradin als Inhibitor des If-Kanals im Sinusknoten. Kardiologen verordnen den Arzneistoff bei Patienten mit einer EF unter 35 Prozent, die trotz Betablockern nicht unter 70 Schläge pro Minute kommen. Tolerieren Betroffene keine Betablocker, kann Ivabradin ebenfalls verwendet werden. Bei Digitalis und Diuretika gibt es zwischen den Leitlinien von 2008 und 2012 keinen Unterschied. Koronarrevaskularisationen sollten laut STICH Heart Failure Trial bei Menschen mit Zwei- oder Dreigefäßerkrankung inklusive proximaler LAD-Stenose durchgeführt werden. Für mechanische Unterstützungssysteme lautet die Empfehlung, Patienten mit schwerer terminaler, therapierefraktärer Herzinsuffizienz und mit einer Lebenserwartung über zwölf Monaten auszuwählen, falls keine Transplantation möglich ist. Bei Herzinsuffizienz und reduzierter EF liegt eine Indikation zum Aortenklappenersatz vor, sollte der mittlere Gradient über 40 mmHg liegen.
Chirurgische oder pharmakotherapeutische Interventionen bleiben immer die zweite Wahl. Ein neuer Ansatz: Alle bislang bekannten Hypertrophie auslösenden Signalwege resultieren in der Aktivierung weniger Transkriptionsfaktoren. Nukleär wirkende Proteine werden aus dem Zytoplasma durch Importine in den Zellkern transportiert. Beispielsweise fungiert Importin b1 als Cargo-Protein für Calcineurin. Forschern aus Würzburg ist es gelungen, die Wechselwirkung von Calcineurin und Importin durch IBP (Import Blocking Peptide) kompetitiv zu hemmen. Damit wurde der Calcineurin/NF-AT-Signalweg nicht aktiviert. Umbauprozesse, die beispielsweise nach einem Herzinfarkt zur Schwächung des Herzmuskels führen, lassen sich unterbinden – momentan erst im Labor.
Marc Penn aus Akron, Ohio, setzt eher auf Stammzellen. Ausgangspunkt ist die schon länger bekannte Tatsache [Paywall], dass unser Körper bei Verletzungen SDF-1 (Stromal cell-Derived Factor-1) exprimiert: ein Chemokin, das Stammzellen aus unserem Knochenmark in Regionen mit geschädigtem Gewebe lockt. Penns Idee: bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz eine SDF-1-Überexpression auslösen. Kardiologen zeigten über Phase-I-Studien, dass sich die Symptome tatsächlich abschwächten. SDF-1 verbesserte über kardiale Stammzellen die Herzfunktion, stoppte den weiteren Zelltod und löste regenerative Prozesse in vernarbtem, geschädigtem Gewebe aus. Kürzlich hat Penn Resultate einer Phase-II-Studie vorgestellt. Er wählte 93 Patienten mit fortgeschrittener, ischämischer Herzinsuffizienz aus. Alle Teilnehmer litten an höhergradigen Einschränkungen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit beziehungsweise in Ruhe (NYHA III/IV). Ihre EF lag unter 40 Prozent. Sie erhielten entweder SDF-1 oder Placebo als endomyokardiale Injektion. Die Enttäuschung: Beim primären Endpunkt unterschieden sich beide Gruppen nach zwölf Monaten nicht signifikant voneinander. Hier handelte es sich um Fragebögen zur Lebensqualität und Sechs-Minuten-Gehtests. Weitere Parameter wie die linksventrikuläre Auswurffraktion und das linksventrikuläre endsystolische Volumen verbesserten sich in der Verum-Gruppe leicht, aber ebenfalls nicht statistisch signifikant. Forscher wurden dennoch fündig, als sie sich verschiedene Patientengruppen im Detail ansahen. Bei Personen mit vergleichsweise schlechter Herzfunktion (EF unter 26 Prozent) kam es tatsächlich zum signifikanten Mehrwert. Die Auswurffraktion verbesserte sich um sieben Prozent (Placebo: vier Prozent). Unter Zuhilfenahme theoretischer Modelle würde sich in der detailliert untersuchten Subgruppe die Mortalität um 20 Prozent verringern, heißt es weiter. Penn hofft, in Zukunft SDF-1 sowohl zur Prävention als auch zur Behandlung von Herzinsuffizienzen einzusetzen. „Wir müssen genau verstehen, wo der größtmögliche klinische Nutzen sein wird“, lautet seine Agenda für weitere Studien.