Erkennt ein Hund sich selbst im Spiegel? Die Datenlage sagt: Nein. Dafür konnten Forscher jetzt zeigen, dass Hunde – ähnlich wie Kleinkinder – die Bedeutung ihres Körpers im Zusammenspiel mit der Umgebung wahrnehmen können.
Hunde sind vielleicht nicht in der Lage, sich selbst im Spiegel zu erkennen, aber das bedeutet nicht, dass sie nicht ein gewisses Maß an Selbstempfinden haben, wie Wissenschaftler nun feststellten. Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass Hunde ihren eigenen Geruch erkennen können, sozusagen als ob sie in einen „Geruchsspiegel“ schauen würden. Jetzt legt eine neue Studie nahe, dass sie auch ein gewisses Bewusstsein für ihren Körper haben.
Körperbewusstsein ist die Fähigkeit, den eigenen Körper als explizites Objekt in Relation zu anderen Objekten um einen herum zu sehen. Es wird als einer der grundlegenden Bausteine der Selbstrepräsentation angesehen.
Bei Kindern wurde diese Art der Selbstwahrnehmung in der Vergangenheit getestet, indem man ein Kleinkind eine Decke, auf der es gerade selber sitzt, überreichen ließ. Wenn das Kind herausfinden kann, dass es aufstehen und seinen Körper als Hindernis entfernen muss, wird es fortan als „körperbewusst“ bezeichnet. Normalerweise dauert es bei Säuglingen bis zu einem Alter von etwa 18 Monaten, bis sie die geistige Kapazität haben, das herauszufinden.
Indem sie diesen Test für Hunde adaptierten, haben Forscher versucht herauszufinden, ob auch sie ein solches Körperbewusstsein besitzen.
Im Jahr 2019 fand eine kleine Studie heraus, dass Hunde eine gewisse Vorstellung von ihrer Körpergröße haben und wie sich diese auf ihr Verhalten in ihrer Umgebung auswirkt. Die neuen Ergebnisse sind jedoch die ersten, die zeigen, dass sie ihren Körper als Objekt oder Hindernis im Allgemeinen erkennen.
Die Forscher fanden 32 Hunde verschiedener Rassen und Größen, die die Testanforderungen erfüllten. Für den Versuch mussten die Tiere ein Spielzeug aufheben und zu ihrem Besitzer bringen. Der Haken war, dass das Spielzeug mit einer Matte verbunden war, auf der die Hunde saßen. Also wie beim Versuch mit Kleinkindern: Um das Spielzeug zu seinem Besitzer zu bringen, musste der Hund erst von der Matte aufstehen.
Die Ergebnisse des Versuchs wurden dann mit dem verglichen, was passierte, wenn das Spielzeug an gar nichts befestigt war oder wenn es mit dem Boden verbunden war. „Wenn die Hunde auf diese Weise versuchten, das Objekt aufzuheben, war das nicht möglich. Auch spürten die Hunde keine parallele Hebekraft unter ihren Füßen“, schreiben die Autoren.
Ohne Zug unter ihren Füßen traten die Hunde nicht so schnell von der Matte. Sie erkannten zu Recht, dass ihre Position nicht das Problem war. Aber wenn die Hunde einen Zug auf der Matte unter ihnen spürten, waren sie viel schneller bereit, von der Matte zu gehen und das Spielzeug wieder aufzuheben. Doch es war nicht nur dieses Gefühl des Zuges, das die Hunde zum Aufstehen bewegte. Selbst wenn das Spielzeug mit dem Boden verbunden war und ein Forscher mit einem Seil an den Füßen der Hunde zerrte, sprangen die Tiere nicht so schnell von der Matte. Dies deutet darauf hin, dass Hunde verstehen können, wann ein Zug aus eigenen Aktionen erfolgt und wann ein Zug erfolgt, der nichts mit der aktuellen Herausforderung zu tun hat. Kurz gesagt, die Tiere in der Studie waren in der Lage, zwischen „Mein Körper ist das Hindernis“ und einfach „Es gibt ein Hindernis“ zu unterscheiden. Sie wissen außerdem, wie sie ihren Körper instinktiv bewegen müssen, um Hindernisse zu überwinden.
„Wir schließen aus unseren Ergebnissen, dass die Reaktion der Hunde im Haupttest durch ihr Körperbewusstsein und das Verständnis der Konsequenzen ihrer eigenen Handlungen erklärt werden kann“, schreiben die Autoren. Es sei aber noch mehr Forschung nötig, um das Rätsel des Selbstempfindens zu verstehen, das im Tierreich existiert. Das Bewusstsein, das Tiere von ihrem Körper als Hindernis für bestimmte Handlungen haben, wurde bisher nur wenig erforscht.
Elefanten sind eines der wenigen anderen Tiere, die ähnliche Tests durchlaufen haben. Während einer solchen Studie fanden Forscher heraus, dass asiatische Elefanten viel schneller von der Matte traten, wenn dies für ihren Erfolg bei einer Aufgabe notwendig war. Die Ergebnisse ähneln dem, was jetzt bei Hunden gezeigt wurde, allerdings können sich Elefanten im Gegensatz zu Hunden auch in einem Spiegel erkennen.
Der Spiegeltest basiert auf dem visuellen Erscheinungsbild, aber beim „Körper als Hindernis“-Test geht es um die eigenen Handlungen und die physikalischen Eigenschaften unseres Körpers als Erweiterung davon. Elefanten haben beide Arten der Selbsterkenntnis stark ausgebildet. Hunde, so scheint es, haben vielleicht nur eine davon.
Die Studienergebnisse haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Chewy, unsplash