Neue positive Daten zu Tocilizumab: Der Einsatz des monoklonalen Antikörpers kann das Sterberisiko bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten um ein Viertel verringern. Das zeigen Ergebnisse einer Studiengruppe.
Auch schwer erkrankte COVID-19-Patienten profitieren von der Gabe der monoklonalen Antikörper Tocilizumab und Sarilumab in Ergänzung zu Kortisonpräparaten. Das belegen Ergebnisse der REMAP-CAP-Studiengruppe im New England Journal of Medicine. Damit ergeben sich neue Behandlungsempfehlungen für Patienten mit COVID-19 auf Intensivstation.
Die Wirkstoffe Tocilizumab und Sarilumab werden seit Jahren bei rheumatischer Arthritis eingesetzt. Sie blockieren den Rezeptor für Interleukin-6, einen entzündungsfördernden Immunbotenstoff. Die REMAP-CAP-Studiengruppe hat untersucht, ob auf diese Weise auch organschädigende Entzündungsantworten während einer COVID-Erkrankung gemildert werden können. Die randomisierte kontrollierte Studie mit 800 Intensivpatienten (70 % von ihnen erhielten eine künstliche Beatmung) konnte diese Vermutung bestätigen.
Die Hälfte der Patienten erhielt die monoklonalen Antikörper innerhalb eines Tages, nachdem eine Unterstützung der Organfunktionen notwendig geworden war. „In der Folge benötigten diese Patienten zehn Tage weniger eine Organunterstützung als die Kontrollgruppe, auch konnte das Risiko zu versterben um ein Viertel gesenkt werden“, fasst Frank Brunkhorst das Ergebnis zusammen. Er ist Leiter des Studienzentrums und Professor für klinische Sepsisforschung am UKJ und Mitglied der REMAP-CAP-Studiengruppe.
Brunkhorst: „Neben den Kortikosteroiden steht uns damit eine zweite gut bekannte und sichere Wirkstoffgruppe zur Verfügung, deren Einsatz bei der Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe nachweislich wirksam ist.“ Schon Mitte Februar gab es weitere positive Daten zu Tocilizumab: Die als Preprint veröffentlichten Ergebnisse der britischen RECOVERY-Studiengruppe haben den Nutzen von Tocilizumab auch bei weniger schwer kranken hospitalisierten Patienten bestätigt.
Schon zu Beginn der Pandemie hatten viele Kliniken damit begonnen, Tocilizumab bei COVID-19-Patienten einzusetzen. Die Studienergebnisse von randomisierten Studien waren aber teilweise enttäuschend. Dazu gehört auch die COVACTA-Studie, sie wurde vom Hersteller Ende Juli letzten Jahres veröffentlicht. Zwar konnte die Dauer der Klinikbehandlung von COVID-19-Patienten median von 28 auf 20 Tage verkürzt werden und auch die Zahl der Patienten, die auf die Intensivstation verlegt werden mussten, konnte reduziert werden. Allerdings waren die Auswirkungen auf die Sterberate enttäuschend, sie konnte nicht gesenkt werden. Auch der klinische Zustand der Patienten verbesserte sich nur nicht signifikant. Zum Zeitpunkt der COVACTA-Studie im ersten Halbjahr 2020 war eine Behandlung mit Kortikosteroiden allerdings noch nicht üblich, was möglicherweise der Grund für eine fehlende Senkung des Sterberisikos war.
In den kommenden Wochen werden Ergebnisse aus der REMDACTA-Studie des Herstellers erwartet. Sie überprüft die Wirksamkeit einer Behandlung mit Tocilizumab oder einer Kombination von Tocilizumab mit Remdesivir an 650 COVID-19-Patienten, die bereits einen Sauerstoffbedarf von 6 l/min hatten. Es ist also weiterhin möglich, dass sich die Empfehlungen für den monoklonalen Antikörper noch verändern werden.
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