Mit zunehmendem Alter verlieren Hirnstammzellen die Fähigkeit, sich zu teilen und neue Nervenzellen zu bilden – die Gedächtnisleistung sinkt. Forscher zeigen jetzt, dass die Nervenzellbildung wieder aktiviert werden kann.
Bei Patienten mit Morbus Alzheimer oder mit zunehmendem Alter nimmt im Hippocampus die Neubildung von Nervenzellen kontinuierlich ab und damit auch die Gedächtnisleistung der Betroffenen. Forschende der Universität Zürich haben einen Mechanismus entdeckt, der für die Stammzellalterung mitverantwortlich ist. Und sie zeigen, dass die Nervenzellbildung wieder aktiviert werden kann.
In einer Studie zeigt die Gruppe von Sebastian Jessberger, Professor am Institut für Hirnforschung der Universität Zürich, wie die Bildung neuer Nervenzellen beeinträchtigt wird. Proteinstrukturen im Zellkern der Hirnstammzellen sorgen dafür, dass schadhafte Eiweiße, die sich mit der Zeit ansammeln, bei der Zellteilung ungleichmässig auf die zwei Tochterzellen verteilt werden.
Dies scheint wichtig zu sein, damit Stammzellen über lange Zeit ihre Teilungsfähigkeit behalten, um den Nachschub an Neuronen zu sichern. Mit fortschreitendem Alter verändern sich jedoch die Mengen dieser Kernproteine, was zu einer fehlerhaften Verteilung der altersbedingten Eiweiße führt. Deshalb werden im Gehirn von alternden Mäusen immer weniger Nervenzellen gebildet.
Stammzellen im Hippocampus der Maus (in blau): Mit zunehmendem Alter vermindert sich ihre Fähigkeit, neue Nervenzellen zu bilden, da die Menge des Kernproteins Lamin B1 (in rot) abnimmt. Quelle: Khadeesh bin Imtiaz, Universität ZürichZentral in diesem Prozess ist das Kernprotein Lamin B1, dessen Menge mit fortschreitendem Alter abnimmt. Als die Forschenden die Menge an Lamin B1 in alternden Mäusen experimentell erhöhten, verbesserte dies die Stammzellteilung und erhöhte die Neubildung von Nervenzellen. „Im gesamten Körper verlieren Stammzellen mit zunehmendem Alter nach und nach ihre Teilungsfähigkeit. Mithilfe von gentechnischen Methoden und modernster Mikroskopie konnten wir nun einen Mechanismus identifizieren, der dafür mitverantwortlich ist“, sagt Khadeesh bin Imtiaz, Erstautor der Studie.
Die Forschungsarbeit ist Teil mehrerer laufender Projekte mit dem Ziel, in Zukunft alternde Stammzellen wieder zu aktivieren. Denn verletztes Gewebe regeneriert im Alter generell schlechter. Das heißt, fast alle Stammzellarten im Körper sind betroffen. „Unsere Studie beschränkt sich zwar auf Hirnstammzellen, ähnliche Mechanismen dürften aber auch für die Alterung von anderen Körperstammzellen eine Rolle spielen“, sagt Sebastian Jessberger.
Die neuen Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt, um altersbedingte Änderungen im Stammzellverhalten detailliert zu erforschen. „Wir wissen nun, dass wir Stammzellen im alternden Gehirn aktivieren können. Wir hoffen, damit einen Beitrag zu leisten, um zukünftig die Bildung neuer Nervenzellen zu erhöhen – etwa bei Menschen im hohen Alter oder mit degenerativen Erkrankungen wie dem Morbus Alzheimer. Auch wenn das noch viele Jahre dauern wird“, so Jessberger.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Zürich, die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Travel Sourced, unsplash