Wann beendet man eine Tuberkulose-Behandlung, ohne einen Rückfall zu riskieren? Diese Frage beschäftigt Experten. Forschern gelang es, zuverlässige Biomarker zu identifizieren, die künftig Entscheidungen zur Therapiedauer beeinflussen können.
Zur Behandlung von Tuberkulose, insbesondere beim Auftreten von resistenten Tuberkulosebakterien, empfiehlt die WHO meist eine längere Therapiedauer, da es keine zuverlässigen Merkmale für einen vorzeitigen Stopp gibt. Wissenschaftlern am Forschungszentrum Borstel ist es nun gelungen, einen Biomarker zu identifizieren, der über die Aktivität von 22 Genen individuell ein Therapieende anzeigt. Einige Behandlungen könnten damit gefahrlos verkürzt werden.
Vor dieser Frage stehen behandelnde Mediziner, da der fehlende Nachweis des Tuberkuloseerregers Mycobacterium tuberculosis keine Gewähr für eine dauerhafte Heilung der Lungeninfektion ist. Patienten, bei denen die Standardtherapie anschlägt, können unter Umständen nach sechs Monaten austherapiert sein. Doch für resistente Fälle werden derzeit mehr als 18 Monate Behandlungsdauer geraten.
Betroffene leiden häufig unter den Nebenwirkungen der Therapie. „Wir benötigen dringend einen Biomarker, der die Umsetzung einer individuellen Therapiedauer ermöglicht“, betont Prof. Christoph Lange, Leiter der Studie. Denn längst nicht jeder Patient brauche eine so lange Zeit bis zur Genesung.
Gemeinsam mit internationalen Tuberkulosezentren konnte anhand von Patientenkohorten ein Modell für das Therapieende entwickelt werden, das auf einer RNA-Bestimmung im menschlichen Blut beruht. Unter den Patienten waren sowohl Betroffene der nicht-resistenten Form als auch Patienten, die an resistenter Lungentuberkulose erkrankt waren.
Dabei wurden 22 Gene identifiziert, deren Aktivität mit dem Krankheitsverlauf korreliert. Diese können Aufschluss über die Heilung des Patienten geben. „Es ist eine RNA-Signatur aus 22 Genen, die an zwei Kohorten identifiziert wurde und an weiteren drei Kohorten validiert wurde“, so Erstautor Dr. Jan Heyckendorf. Kein anderer publizierter Transkriptom-Marker zeige bislang vergleichbare Eigenschaften.
„Die Individualisierung der Therapiedauer ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Präzisionsmedizin bei der Tuberkulose“, bekräftigt Lange. Sogar ohne Verlaufswerte könne man bei einem Patienten anhand dieser RNA-Bestimmung ein Ende der Therapie wagen.
Als nächsten Schritt planen die Forscher eine prospektive Studie im DZIF. Dabei sollen Patienten in dem einen Studienarm die Therapie so lange bekommen, wie der Biomarker es vorschlägt. Patienten in dem anderen Arm erhalten die Therapie nach Empfehlung des nationalen Tuberkuloseprogrammes.
„Es ist dann hoffentlich möglich, dass Patienten mit einer multiresistenten Tuberkulose im Durchschnitt circa ein Drittel der Therapie einsparen können“, so Lange.
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung. Die Originalpublikation könnt ihr hier nachlesen.
Bildquelle: Mitchell Luo, unsplash