Was passiert, wenn Menschen nicht zu ihrem Impf-Termin erscheinen? In Dänemark scheint es für dieses Problem eine Lösung zu geben.
Die einen wollen nicht, die anderen können nicht: Bei der Impfstoffvergabe in Deutschland ruckelt es ganz gewaltig. „Immer mehr Menschen in der Region Rheinhessen-Nahe sagen ihre festen Corona-Impftermine ab. Immer öfter wird dabei offenbar der Impfstoff von AstraZeneca als Begründung angegeben“, heißt es in Medienberichten.
Das gilt nicht nur für diese Region, sondern scheint auch in anderen Gegenden Deutschlands der Fall zu sein. Impfwillige gäbe es aber genug, wie man täglich in den sozialen Medien und auch in unseren Kommentarspalten auf dem DocCheck-Portal liest. Eine organisatorische Lösung scheint es für dieses Problem noch nicht zu geben.
Ein Gegenbeispiel ist Dänemark. Impftermin-Absagen lösen dort kein organisatorisches Chaos aus: „Glücklicherweise gibt es dazu eine ganz klare Regelung: Sobald fünf Personen nicht auftauchen, greift ein Überflusssystem, durch das andere Menschen auf der Warteliste sofort nachrücken“, wird Flemming Konradsen in einem Welt-Beitrag zitiert. Er ist WHO-Experte und Professor für International Environmental Health an der Universität Kopenhagen. „Das ist wichtig, da etwa der Biontech/Pfizer-Impfstoff nach dem Anbruch einer Flasche relativ schnell seine Wirkung verliert. So können wir sicherstellen, dass 100 Prozent der Impfstoffe genutzt werden.“
Bisher wurden in Dänemark über 548.000 Impfstoffdosen verabreicht. Davon ausgehend, dass jede Person zwei Dosen benötigt, entspräche das etwa 6,3 Prozent der Gesamtbevölkerung. Einer Auswertung von Statista (Stand 21.02.2021) zufolge befindet sich das Land in Europa damit derzeit auf Platz 4.
Der Impfstart erfolgte vergleichsweise schnell. Grund dafür waren unter anderem die Verwendung jener Spezialspritzen, die eine Verimpfung der sechsten Dosis ermöglichen, außerdem wurden alle zur Verfügung stehenden Dosen sofort verabreicht, ohne sie für die Zweitimpfung zurückzuhalten. „Was die Infrastruktur betrifft, sind wir gut vorbereitet. Der limitierende Faktor ist die Verfügbarkeit der Impfstoffe“, wird der dänische Virologe Søren Riis Paludan in Zeitungsberichten zitiert. Laut der dänischen Gesundheitsbehörde sollen bis zum 27. Juni alle Bürger, die das wollen, gegen COVID-19 geimpft sein.
Die logistische Grundlage für die Organisation der landesweiten Impfung ist eine digitale ID-Datenbank. Sie kann von den Behörden genutzt werden, um mit ihren Bürgern zu kommunizieren. Dänemarks Einwohner können also nach Alter sortiert und Einladungen für Impf-Termine dementsprechend gestaffelt verschickt werden. Diese Einladungen landen dann im digitalen Posteingang der jeweiligen Person.
Sobald man diese Einladung erhalten hat, kann der Terminprozess weitergehen. Die Empfänger werden aufgefordert, eine Anmelde-Website aufzusuchen. „Sie können einen Impftermin nur buchen, wenn Sie ein Impfangebot in Ihrer E-Box erhalten haben. Wenn Sie digital [nicht erreichbar] sind, erhalten Sie einen Brief per Post“, heißt es dort. Nach Erhalt einer Einladung können Empfänger sich hier zur Impfung anmelden
Laufend werden neue Buchungszeiten in den unterschiedlichen Regionen bekanntgegeben. Hier kann man auch sehen, ob es gerade freie Plätze in Impfzentren gibt und, wenn ja, wo. Diese Funktion soll es Bürgern erleichtern, einen freien Impflatz in Wohnortnähe zu finden.
In Deutschland ist derweil eine Diskussion über die Impfreihenfolge ausgebrochen. Seit kurzem dürfen auch Grundschullehrkräfte und Kita-Personal vorrangig geimpft werden. „Ich warne davor, eine Priorisierung nach diesen evidenzbasierten Kriterien ganz aufzugeben, weil dies […] zu einem Chaos und einer Vergabe von Impfungen nach Gutsherrenart führen würde“, äußerte sich STIKO-Chef Thomas Mertens gegenüber Radioeins.
Spätestens ab dem Zeitpunkt, wenn auch Niedergelassene mit dem Impfen beginnen, dürfte die Impfreihenfolge stark aufgeweicht und die strikte Einhaltung ohnehin nicht mehr möglich sein. Ob das zu mehr Effizienz oder mehr Chaos führt, wird sich zeigen.
Bildquelle: Diana Polekhina, unsplash