Die deutschen Fachgesellschaften haben ihre Empfehlungen zur stationären Behandlung von COVID-19-Patienten aktualisiert. Das betrifft vor allem die medikamentöse Therapie sowie die Indikation zur Beatmung und zur Antikoagulation.
Die Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19 wurden in einer neuen S3-Leitlinie aktualisiert. Die Neuerungen betreffen die medikamentöse Behandlung mit Kortikosteroiden, Remdesivir, Rekonvaleszentenplasma, Tocilizumab, Bamlanivimab, Ivermectin, Azithromycin und Vitamin D3 sowie die Indikation zur Beatmung und zur Antikoagulation. Darauf haben sich die 14 beteiligten Fachgesellschaften verständigt.
Link zur neuen S3-Leitlinie, Quelle: AWMF
Ein Schwerpunkt der Leitlinie ist die Frage, wann ein COVID-19-Patient intensivmedizinisch versorgt werden sollte. Etwa 10 Prozent der Patienten mit COVID-19 benötigen eine stationäre Behandlung. Bei dieser Gruppe sollte möglichst frühzeitig geklärt werden, ob eine intensivmedizinische Behandlung sinnvoll ist, heißt es. Empfohlen wird als Kriterium eine Hypoxämie (SpO2 unter 90 %) trotz Gabe von 2 bis 4 Liter Sauerstoff/min mit Dyspnoe und eine Atemfrequenz von mehr als 25-30/min. Außerdem soll eine mögliche Beteiligung von Nieren, Herz, Leber und Gehirn schnell abgeklärt werden, um eine Verschlechterung der Prognose zu vermeiden.
Eine Intubation sollte nach Leitlinie bei schwererer Hypoxämie (PaO2/FiO2 < 150 mmHg) und Atemfrequenzen > 30/min erwogen werden. Bei einem PaO2/FiO2 von < 100 mmHg sollten eine Intubation und die invasive Beatmung im Regelfall erfolgen.
Allen hospitalisierten Patienten wird eine medikamentöse Thromboembolieprophylaxe empfohlen, wenn es keine Kontraindikationen gibt. Als Mittel der Wahl werden niedermolekulares Heparin und alternativ Fondaparinux genannt.
Beim Thema therapeutische Antikoagulation sind die Fachgesellschaften zunächst zurückhaltend. Die Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten steht zur Diskussion, weil Mikrothromben in kleineren pulmonalen Blutgefäßen typische Befunde eines Lungenversagens bei COVID-19 sind. Da die therapeutische Antikoagulation allerdings mit erheblichen Risiken für Patienten verbunden ist, wollen die Fachgesellschaften zunächst abwarten, was laufende Studien ergeben.
Auch in Bezug auf Remdesivir wollen sich die Fachgesellschaften nicht festlegen: Die Frage des Nutzens sei noch nicht abschließend geklärt. Eine Therapie mit Remdesivir könne aktuell für hospitalisierte und nicht beatmete Patienten mit COVID-19 Pneumonie und Sauerstoffbedarf nicht empfohlen werden. Es könne aber auch nicht davon abgeraten werden.
Zu einem Behandlungsbeginn mit Kortikosteroiden wird bei einem schweren (SpO2 unter 90 %, Atemfrequenz über 30/min) oder kritischen (Lungenversagen, Sepsis, Beatmung, Vasopressorengabe) COVID-19-Verlauf geraten.
Dies ist ein Auszug über einige wesentliche Statements in der neuen S3-Leitlinie. Alle Neuerungen im Detail sind unter diesem Link in der Leitlinie nachzulesen.
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