Als weltweiter Vorreiter in Sachen Impfung lockert Israel jetzt seinen Lockdown. Wer geimpft ist, erhält außerdem Zugang zu weiter eingeschränkten Bereichen wie Fitness-Studios und Hotels.
Nach Monaten des Lockdowns hat Israel nun die pandemiebedingten Einschränkungen gelockert. Seit vergangenem Wochenende sind Geschäfte, Einkaufszentren und Büchereien wieder geöffnet. Auch touristische Attraktionen wie Museen und Zoos sind wieder zugänglich. Überall gelten die etablierten Abstands- und Hygieneregeln, Masken sind Pflicht. Auch Sportveranstaltungen und Konzerte dürfen zwar wieder stattfinden, die Kapazitäten in Stadien und Hallen sind aber gedeckelt. Trotzdem sei es der erste Schritt zurück in Richtung Normalität, so das israelische Gesundheitsministerium. Im März soll es weitere Öffnungen geben.
Weltweit ist Israel Vorreiter bei der Verteilung der Corona-Impfstoffe: Gut die Hälfte der Landesbevölkerung hat mindestens eine Dosis erhalten. Neue Daten, die aus Israel jetzt zum Impfstoff von Biontech/Pfizer vorliegen, sind ermutigend. Die noch unveröffentlichte Studie entstand in Zusammenarbeit zwischen dem Land und dem Pharmahersteller. Der Impfstoff könne die Übertragung von SARS-Cov-2 zu 89,4 Prozent verhindern; das gelte auch für asymptomatische Fälle. Symptomatische Fälle verringerten sich um 93, 7 Prozent.
Personen, die beide Dosen des mRNA-Impfstoffs erhalten haben, können sich einen sogenannten Green Pass holen, berichtet unter anderem The Times of Israel. Damit dürfen sie auch Einrichtungen nutzen, die weiterhin nur eingeschränkt öffnen dürfen. Darunter fallen Fitness-Studios, Hotels und Synagogen. Nachdem erste Entwürfe eines solchen Scheins als leicht zu fälschen bemängelt worden waren, stelle der Green Pass eine sichere Weiterentwicklung bisheriger Ansätze dar. Und er soll streng kontrolliert werden: Wer einen Green Pass fälscht, muss mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Mit dem Pass soll es auch möglich sein, in absehbarer Zeit wieder fliegen zu dürfen. Momentan sind Israels Flughäfen für den allgemeinen Flugverkehr aber noch geschlossen und sollen es auch für mindestens weitere zwei Wochen bleiben.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu geht davon aus, dass 95 Prozent aller Israelis über 50 Jahre innerhalb der kommenden zwei Wochen geimpft seien. Er war in der Vergangenheit für sein unstetes Pandemie-Management kritisiert worden, besonders hinsichtlich der eher laxen Lockdowns. Auch jetzt stößt die Teilöffnung des Landes auf Kritik – denn Schulen sind darin bisher nur spärlich berücksichtigt. Während Grundschüler und Abschlussklassen in Städten, in denen das Infektionsgeschehen unter Kontrolle ist, wieder in die Schule gehen dürfen, müssen sich laut Reuters viele Schüler der Mittelstufen weiter gedulden. Ein 14-jähriger Demonstrant sagte dazu: „Ich war ein Jahr lang nicht in der Schule. Wie kann es sinnvoll sein, Einkaufszentren wieder für Menschenmengen zu öffnen, wenn wir nicht einmal mit einer auf 15 bis 20 Personen begrenzten Schülerzahl und weiteren Vorsichtsmaßnahmen wieder in unsere Klassen dürfen?“
Obwohl die israelische Regierung versprochen hat, dass es keinen vierten Lockdown geben wird, halten Experten das durchaus weiterhin für möglich. Nachman Ash, ein für das Pandemiemanagement in Israel verantwortlicher Arzt, warnte, dass ein erneuter Lockdown „nach wie vor möglich“ sei. Er gab zu bedenken: „Die Hälfte der Bevölkerung ist noch nicht immun.“
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