Der Kinasehemmer kann bald zur Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms sowie des RET-Fusions-positiven Schilddrüsenkarzinoms eingesetzt werden.
Der RET-Kinasehemmer Selpercatinib (Retsevmo®) darf ab jetzt in drei verschiedenen Indikationen als Monotherapie verwendet werden, sofern bei den betroffenen Patienten eine RET-Mutation oder -Genfusion vorliegt. RET ist ein Protoonkogen, das für die gleichnamige Rezeptortyrosinkinase Ret kodiert. Mutationen des RET-Gens wurden bereits bei verschiedenen Krebsarten gefunden.
RET wird primär in der Embryonalentwicklung exprimiert. In dieser Phase ist es an der Entwicklung der Nieren und der Migration von Neuronen beteiligt, die das enterische Nervensystem bilden. Im Erwachsenenalter scheint die Tyrosinkinase keine besondere physiologische Funktion mehr zu erfüllen. Das mutierte Gen hat jedoch einen erheblichen Krankheitswert. Bei 1 bis 2 % aller nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome (NSCLC) sowie bei 10 bis 20 Prozent aller papillären Schilddrüsenkarzinome lassen sich Translokationen von RET mit Bildung von Fusionsgenen nachweisen. Onkogen wirkende Punktmutationen des Gens sind bei rund 60 % der Patienten mit einem medullären Karzinom der Schilddrüse (MTC) nachweisbar, beim selteneren familiären MTC ist dies sogar bei 90 % der Fall.
Multikinase-Inhibitoren wie Cabozantinib oder Vandetanib wirken unspezifisch, hemmen aber unter anderem die RET-Kinase. Neuere Substanzen wie Selpercatinib zeichnen sich aber durch eine selektive RET-Inhibition aus. Es darf bei Erwachsenen mit fortgeschrittenem RET-Fusions-positivem NSCLC eingesetzt werden, bei denen eine systemische Therapie nach Platin-basierter Chemotherapie und/oder einer Behandlung mit Immuntherapie benötigt wird.
Die zweite Indikation ist das fortgeschrittene RET-Fusions-positive Schilddrüsenkarzinom, bei dem der (erwachsene) Patient eine systemische Therapie nach einer Behandlung mit Sorafenib und/oder Lenvatinib benötigt. Als dritte Indikation darf der Kinasehemmer bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren mit fortgeschrittenem RET-mutierten MTC eingesetzt werden, denen eine systemische Therapie nach einer Behandlung mit Cabozantinib und/oder Vandetanib verordnet wird.
Der Hersteller Lilly plant, das neue Präparat Retsevmo® im Laufe des kommenden Monats in den Markt einzuführen.
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