Jeder fünfte positive Corona-Test entfällt hierzulande inzwischen auf die B.1.1.7-Variante. Das RKI warnte deswegen heute vor frühen Lockerungen.
Die Corona-Variante B.1.1.7, die zuerst in Großbritannien aufgetaucht ist, breitet sich in Deutschland weiter aus. Laut dem 2. Bericht zu Virusvarianten von SARS-CoV-2 in Deutschland des RKI ist sie bereits für 23 Prozent der Infektionen verantwortlich. Vor zwei Wochen lag der Anteil noch bei knapp 6 Prozent. Somit dürfte die ansteckendere Variante B.1.1.7 das Infektionsgeschehen in Deutschland in absehbarer Zeit dominieren.
„Wir stehen möglicherweise erneut an einem Wendepunkt. Der rückläufige Trend der letzten Wochen setzt sich offenbar nicht mehr fort”, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler heute mit Blick auf die stagnierenden Zahlen bei den Neuinfektionen. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen liegt laut RKI aktuell bundesweit bei 56,8 – und damit geringfügig niedriger als am Vortag (57,1).
„Wir wissen noch nicht genau, ob die besorgniserregenden Varianten dabei eine Rolle spielen”, so Wieler. Doch der Anteil steige rasant. Deshalb erwarte er in den kommenden Wochen mehr Ausbrüche. „Auch unter jüngeren Menschen. Es werden auch mehr junge Erwachsene, Jugendliche und auch Kinder erkranken”, so die Prognose.
Was das Thema Lockerungen angeht, äußerte er sich mit Zurückhaltung. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Bekämpfung der Pandemie dadurch auch schwieriger wird”, sagte Wieler. Es werde schwieriger, das Ziel eines niedrigen Inzidenz-Niveaus zu erreichen. „Jede unbedachte Lockerung beschleunigt das Virus und wirft uns zurück. Dann stehen wir in ein paar Wochen genau wieder an dem Punkt, wo wir Weihnachten waren.”
Einer neuen Theorie zufolge sind Personen, die mit B.1.1.7 infiziert sind, über einen längeren Zeitraum ansteckend als Menschen, die sich mit der ursprünglichen Variante angesteckt haben – und nicht etwa, weil die B.1.1.7-Infektion mit einer höheren Viruslast einhergeht. So lautet zumindest das Ergebnis einer kleinen Studie. Diese Annahme ist allerdings wegen kleiner Probandenzahl und Preprint-Status mit Vorsicht zu genießen.
Ob B.1.1.7 auch zu schwereren Krankheitsverläufen und mehr Todesfällen führt, ist bislang nicht eindeutig geklärt. Dennoch will man auf eine mögliche Bedrohung durch die Virusmutation B.1.1.7 vorbereitet sein: „Aus den Erfahrungen unserer europäischen Nachbarstaaten wissen wir, wie schnell sich Virus-Mutationen verbreiten, wie dann die Patientenzahlen auf den Intensivstationen rasant steigen und welche Anforderungen das an das jeweilige Gesundheitssystem stellt“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).
Deswegen hat dieser heute die Voraussetzung für die Finanzierung von telemedizinischen Beratungen bei der Versorgung von Patienten mit SARS-CoV-2 beschlossen. Dadurch soll das in Spezialkliniken der Herz- und Lungenmedizin inzwischen vorhandene Expertenwissen bei der intensivmedizinischen Versorgung von COVID-Patienten künftig stärker von allgemeinen Krankenhäusern genutzt werden können.
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