Ab März also kostenlose Schnelltests für alle – auch in unserer Apotheke. Grundsätzlich bin ich optimistisch. Doch ich habe auch einige Fragen.
Wieder einmal durften die Apotheker aus der Presse erfahren, was sie künftig an Dienstleistungen anzubieten haben. Diese Mal: kostenlose Schnelltests für jedermann durchführen. Ein politischer Schnellschuss, der manche unvorbereitet trifft. Andere haben rechtzeitig aufgerüstet und freuen sich auf die vor ihnen liegende Aufgabe. Ist die Erwartungshaltung an die Apotheken vor Ort zu groß, oder können diese gerade jetzt beweisen, wie unverzichtbar sie für die Gesunderhaltung der Bevölkerung sind?
Begonnen hatte es im vergangenen Jahr mit der Bereitstellung von selbst hergestelltem Desinfektionsmittel für Hände und Flächen, als der Markt wie leergefegt war. Es gab eine Ausnahmegenehmigung und die Apotheken durften für einen begrenzten Zeitraum ihre Stärken in der Rezeptur ausspielen. Die Reste mussten jetzt vernichtet werden, da die Ausnahmegenehmigung abgelaufen ist.
Weiter ging es mit den Masken. Über die Presse erfuhren die Apotheker, dass von ihnen erwartet wird, sich mit tausenden von FFP2-Masken zu bevorraten, deren Vergütungspreis dann – während die Verteilung bereits lief – plötzlich eingekürzt wurde. Nun hören wir den Bundesgesundheitsminister sagen, dass jedem, der möchte, ab März ein kostenloser Corona-Schnelltest in der Apotheke angeboten werden kann (mehr dazu hier).
Warum das Thema „Schnelltests für die breite Bevölkerung“ in den vergangenen Wochen und Monaten eher stiefmütterlich behandelt wurde, obwohl die Erfolge von groß angelegten Testungen durchaus überzeugend sind, begründete der Minister so: Die PoC-Tests in ausreichender Qualität wurden priorisiert zum präventiven Einsatz in Heimen und weiteren Einrichtungen benötigt. Seit Januar standen mehr Tests zur Verfügung, als abgerufen werden konnten. „Das macht es möglich, den nächsten Schritt zu gehen“, so Spahn.
Nach der Erfahrung, die viele Apotheker in der jüngsten Vergangenheit mit solchen Ankündigungen gemacht haben, fällt es dem Großteil schwer, sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit Schnelltests zu bevorraten. Was, wenn doch noch eine Höchstmengenbegrenzung eingeführt wird? Was, wenn die Vergütung von 18 Euro doch wieder gekippt wird und geringer ausfällt als bisher festgelegt? Und was passiert, wenn die ersten Heimtests voraussichtlich ab März verfügbar sind und den Kunden nur einen Euro kosten – kommt dann überhaupt noch jemand zum Testen in die Apotheke?
Ein angehender junger Apotheker wertet Spahns Ankündigung optimistisch. Er ist durch seine starke Überzeugung, dass die Apotheke vor Ort nicht ersetzbar ist, bekannt geworden. Benedikt Bühler sammelte für die größte Bundestagspetition der Geschichte 420.000 Unterschriften für das Rx-Versandverbot. Nun leitet er ein Corona-Schnelltestzentrum in einer ehemaligen Kunstgalerie in Grötzingen bei Karlsruhe. Mit dem Vorschlag zur kostenlosen Testung rennt die Bundesregierung bei ihm wortwörtlich offene Türen ein.
„Noch sind die Apotheken vor Ort flächendeckend über die Bundesrepublik verteilt und für alle Personengruppen niederschwellig zugänglich. Einige Apotheken in diesem Netz können die Durchführung räumlich und personell stemmen, und damit einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten.“
Dem Thema Heimtests steht er eher kritisch gegenüber. Derzeit befinden sich noch keine Tests auf dem Markt, die problemlos von Laien an sich selbst durchgeführt werden können, auch wenn viele Firmen bereits eine Eilzulassung für ihre Produkte beantragt haben. Das BfArM rechnet mit einer Freigabe zu Anfang März. Bühler meint dazu: „Wenn in Betracht gezogen wird, wie fehlerhaft ein Teil der Bevölkerung FFP2- und andere medizinische Masken trägt, muss abgewogen werden, ob solche Fehler dann auch bei der Durchführung der Laientests gemacht werden. Falsch negative Ergebnisse und somit eine falsche Sicherheit könnten sich letztendlich fatal auf den Pandemieverlauf auswirken.“
Das „Böblinger Modell“ hat gezeigt, dass Testzentren wie das von Björn Schittenhelm, die jetzt schon kostenlose Tests anbieten, dazu beitragen, die Inzidenzen zu drücken. Das wurde inzwischen auch in einer Sendung von Markus Lanz verkündet. Die dezentralen Testungen in den Apotheken vor Ort werden sicherlich ebenso wirksam sein – schon weil jeder positive Test gemeldet wird. Ob die Bürger sich bei selbst durchgeführten Heimtests ebenso konsequent direkt in Quarantäne begeben, darf dagegen durchaus bezweifelt werden.
Auch wenn die Politik wieder einmal die Apothekerschaft von einem Tag auf den anderen vor vollendete Tatsachen stellt, statt zunächst das Gespräch mit den Verbänden zu suchen: Der kostenlose Schnelltest in der Apotheke ist neben den Impfungen endlich einmal eine neue Reaktion auf die Pandemie, statt immer nur Lockdown auf Lockdown folgen zu lassen. Mein persönlicher Wunsch dazu wäre nur, dass das testende pharmazeutische Personal dafür bei der Corona-Impfung in eine höhere Prioritätsklasse eingestuft wird.
Bildquelle: Belinda Fewings, unsplash