Sie gilt als Königsklasse der ärztlichen Kommunikation: Die Übermittlung schlechter Nachrichten mit lebensverändernden Konsequenzen, sowohl für Patient als auch Eltern.1 Elterngespräche gewinnen im Arztalltag an Relevanz, da chronische Krankheiten bei Kindern zunehmen.2 Was ist zu beachten, damit das Gespräch mit den Eltern gut gelingt?
Die Diagnose einer chronischen Erkrankung des eigenen Kindes trifft die Eltern meist unvorbereitet und kann von heute auf morgen Lebensplanung, Alltag und soziales Umfeld ändern.4 Selbst erfahrene Ärzte berichten, dass es zu ihren schwersten Aufgaben zählt, schwerwiegende Diagnosen mit den entsprechenden Konsequenzen mitzuteilen.4
Die Übermittlung einer Diagnose ist nicht nur eine „schlechte Nachricht“
Es kann dabei hilfreich sein, auch die positiven Aspekte einer Diagnose im Elterngespräch zu erwähnen. Dazu zählen beispielsweise:5
Erste Weichenstellung erfolgt über nonverbale Kommunikation3
Noch bevor das Arztgespräch beginnt, geschieht schon eine erste Weichenstellung: Kleidung, Gestik, Mimik, Körperhaltung und Stimmlage entscheiden zu 90 % über Erfolg oder Misserfolg des Gesprächs. Ein Arzt mit einer angespannten Körperhaltung sowie gehetzter und gestresster Mimik vermittelt mit seinem Erscheinen im Untersuchungszimmer sehr viel Negatives an die wartenden Eltern.3
Schafft der Arzt es jedoch, über aufrechte Haltung oder direkten Blickkontakt körpersprachliche Klarheit zu vermitteln, setzt er die ersten Zeichen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ein angemessenes Lächeln oder ein mitfühlender Blick können innerhalb kürzester Zeit den Eltern das Gefühl von Vertrauen und Akzeptanz geben. Dies wiederum ist eine gute Basis für das anschließende Gespräch, da die Eltern dann besser zuhören werden.3
Strukturierte Diagnoseeröffnung schafft Vertrauen
Bei Übermittlung der Diagnose einer chronischen Erkrankung sollte berücksichtigt werden, dass viele Eltern durch die Erkrankung ihres Kindes emotional so aufgewühlt und betroffen sind, dass es ihnen nur schwer gelingt, sich auf das Gespräch einzustellen und die Informationen aufzunehmen.6 Umso wichtiger ist es, eine klare Struktur des Arztgesprächs anzubieten.3 Eine strukturierte Informationsvermittlung beweist Kompetenz und schafft Vertrauen in die Beziehung zwischen Arzt und den Eltern.5 Umgekehrt gilt: Je unstrukturierter der Arzt seine Sprachbotschaften übermittelt, desto größer können die Abweichungen zwischen dem Gesagten und dem Verstandenen sein.3 Empfehlenswert ist es, das Gespräch in die Phasen Einstieg, Botschaft und Ausstieg einzuteilen.3
Eine akute Belastungsreaktion stellt hohe Anforderungen an den Arzt
Eine typische Reaktion auf die Mitteilung einer gravierenden Diagnose ist die akute Belastungsreaktion.1 Diese gleicht einer Schockreaktion, in der Aufmerksamkeit und Wahrnehmung der Betroffenen möglicherweise nur noch eingeschränkt funktionieren.1 In einer solchen Situation ist es vermutlich sinnlos, über weitere Maßnahmen aufzuklären, denn die Betroffenen sind wahrscheinlich nicht in der Lage, zuzuhören. Als mögliche Intervention bieten sich hier folgende Maßnahmen an:1
Das SPIKES-Protokoll ist ein wichtiger Leitfaden für schwierige Gespräche3
Ergänzend zum bisher gesagten werden im SPIKES-Protokoll sechs Schritte aufgeführt, die bei der Mitteilung schlechter Nachrichten zu beachten sind.
Setting: Gesprächsrahmen herstellen (Störungen vermeiden, Bezugsperson mit einbestellen etc.)Perception: Wahrnehmung/Informationsstand des Patienten/der Eltern einschätzen (was weiß der Patient/wissen die Elternüber seine Erkrankung?)Invitation: Einschätzen der Bereitschaft, die „schlechte Nachricht“ aufzunehmenKnowledge: Ankündigung und Mitteilung der relevanten InformationenEmpathy: Emotionen des Patienten/der Eltern beachten und auf diese eingehen (Mitgefühl, emotionale Unterstützung etc.)Strategy and summary: Zusammenfassen und weiteres Vorgehen besprechen
Kommunizieren heißt verbinden
Hilfreich ist es, wenn an der Diagnoseeröffnung alle Personen teilnehmen, die bei der weiteren Versorgung des Patienten involviert sein werden. Insbesondere bei einer chronischen Krankheit müssen beide Elternteile an dem Gespräch teilnehmen. Auch weitere Verwandte (z. B. Großeltern oder Geschwister) können unter Umständen einbezogen werden. Eine größere Anzahl von Gesprächsteilnehmern erhöht die Chance, dass alle Informationen auch wirklich erfasst und verstanden werden.
Machen sie sich grundsätzlich immer bewusst: Auch wenn es für alle Beteiligten kein einfaches Gespräch ist, schafft es eine Verbindung und ebnet den Weg für eine gemeinsame Zusammenarbeit in der Zukunft. Nicht zuletzt deswegen gilt für den Kommunikationsexperten und Pädiater Professor Dr. med. Wolfgang Kölfen die Devise: „Sprachkunst ist Heilkunst“.3
Quellen:
1. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Selbstmanagement und Kommunikation. https://www.dgkj.de/termine/veranstaltungen-fortbildungender- dgkj/dgkj-kompetenztraining. Zuletzt aufgerufen am 16.01.2019
2. Kölfen W. Ärztliche Gespräche, die wirken: Erfolgreiche Kommunikation in der Kinder- und Jugendmedizin. Springer Verlag (2. Auflage 2018)
3. Kölfen W. Professionelle ärztliche Kommunikation in der Kinder- und Jugendmedizin. Monatsschrift Kinderheilkunde, Ausgabe 7/2016
4. Bachmann S. Die Situation von Eltern chronisch kranker Kinder. Verlag Hans Huber (2014)
5. Burgard P, Lindner M. Diagnoseeröffnung. Monatsschr Kinderheilkd 2018; 166:343–353
6. Ärztekammer Nordrhein: Kommunikation im medizinischen Alltag Ein Leitfaden für die Praxis (2015)
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