Aktuell gibt es kaum eine Nachrichtensendung ohne Neuigkeiten über die mRNA-Impfstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Doch was diese Impfstoffe mit modernen Krebstherapien zu tun haben, wird eher selten berichtet. Deshalb möchten wir die Zusammenhänge von mRNA und Krebsimmuntherapie für Sie beleuchten.
Bei den neuartigen Corona-Impfstoffen handelt es sich erstmals um Impfungen mit messenger RNA (mRNA). Die mRNA kommt natürlich im Körper vor und ist der Bauplan für unsere Zellbestandteile. Man kann in dem Bauplan aber auch andere Informationen einbauen, wie etwa die für die Oberflächenbestandteile (z.B. Spike-Proteine) des Coronavirus. Sobald diese anhand der mRNA im Körper gebildet werden, kann das Immunsystem sie als fremd erkennen und mit einer Immunantwort reagieren. Das Prinzip der Impfung ist einfach und hat sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen.1,2 Dennoch hat es viele Menschen überrascht, dass der Impfstoff so schnell entwickelt wurde. Dabei ist die Technik, die dahintersteckt, schon länger bekannt. Sie wurde bereits vor etwa 30 Jahren erstmals beschrieben und seitdem immer weiter untersucht.3 Unter anderem auch zur Anwendung als Krebstherapie.3–5
Nicht nur Bakterien oder Viren wie SARS-CoV-2, sondern auch Krebszellen können vom Immunsystem bekämpft werden. Allerdings entwickeln Krebszellen häufig Mechanismen, um einem Angriff durch das Immunsystem zu umgehen oder es zu schwächen. Die mRNA-Technik, die auch für die Corona-Impfstoffe genutzt wird, soll in Zukunft das Immunsystem auch im Kampf gegen Krebs rüsten. Mittels mRNA sollen dem Immunsystem Tumor-spezifische Antigene präsentiert werden. So können die Krebszellen durch das eigene Immunsystem wieder erkannt und zerstört werden.4 Mit dieser Methode könnte man auch schnell auf mögliche Mutationen reagieren, die die Tumoren mit der Zeit ausbilden. Bereits 2017 hat das Gründerpaar des Corona-Impfstoff-Herstellers Biontech dazu eine vielversprechende Studie im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht. Dort beobachteten sie nach der Impfung mit mRNA, die spezifisch für bestimmte Tumormutationen der Patienten war, bei allen Patienten eine entsprechende T-Zell-Antwort.5
Die neuartigen Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 sind die ersten zugelassenen Arzneimittel, die nach diesem Prinzip funktionieren und bringen damit einen wichtigen Durchbruch für künftige Forschung und Entwicklung von neuen Therapieoptionen – auch in der Onkologie.3
Tatsächlich gibt es aktuell bereits zugelassene Therapien, die das Immunsystem im Kampf gegen Krebs aktivieren. Diese basieren zurzeit vor allem auf sogenannten Immuncheckpoint-Inhibitoren. Sie verhindern, dass sich Krebszellen vor dem Immunsystem verstecken können und kommen bereits bei verschiedenen Tumoren wie etwa dem Lungen-, Harnblasen- oder Leberkrebs zum Einsatz.6 Im Jahr 2018 wurde die Forschung, die hinter den Immuncheckpoint-Inhibitoren steckt, sogar mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.7 Doch damit ist noch lange nicht Schluss: neben der mRNA gibt es noch weitere immuntherapeutische Ansätze, die aktuell genauer erforscht werden und die Zukunft der Onkologie entscheidend prägen könnten. Denn das eigene Immunsystem zu nutzen, um möglichst effektiv und nebenwirkungsarm gegen eine Krebserkrankung vorzugehen, ist ein entscheidender Schritt in der modernen Krebstherapie. Mit der Zulassung der ersten mRNA-Impfstoffe ist nun ein wichtiger Grundstein für weitere Entwicklungen auf diesem Gebiet gelegt worden.
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