Viele Patienten erleiden nach der Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper Rituximab Rückfälle. Bisher war nicht klar, warum das so ist. Immunologen zeigen jetzt, dass das Membranprotein CD20 dafür verantwortlich ist.
Das gegen das Membranprotein CD20 gerichtete Krebsmedikament Rituximab war der erste zugelassene therapeutische Antikörper gegen B-Tumorzellen. Bisher war nicht klar, welche wichtige Funktion das Protein CD20 besitzt und weshalb so viele Patienten nach der Behandlung mit Rituximab Rückfälle erlitten. Immunologen der Universität Freiburg lösen nun ein Rätsel um seine Wirkweise: Sie zeigen, wie das Membranprotein CD20 antikörperproduzierende Zellen des Immunsystems im Zaum hält. Das könnte dazu beitragen, in Zukunft noch wirksamere Therapien zu entwickeln. Die Forschungsergebnisse veröffentlichte das Team im Fachmagazin PNAS.
Ein Team um Prof. Dr. Michael Reth der Universität Freiburg untersuchte mittels Zellkultur an gesunden Zellen sowie an Zellen von erkrankten Personen, wie CD20 die Nanostrukturen an der Zellmembran von B-Zellen ordnet. Fehlt das Protein oder bindet Rituximab daran, verändert sich die Organisation der Oberfläche. Die ruhende B-Zelle wird dabei aktiviert.
B-Zellen sind weiße Blutkörperchen und Teil des Immunsystems. Erkennen sie körperfremde Bestandteile, entwickeln sie sich zu Plasmazellen. Diese stellen Antikörper her, die Bakterien, Viren oder Tumorzellen abwehren. Das Team um Reth entfernte mit der CRISPR/Cas9-Genschere das CD20 in Tumorzelllinien und gesunden B-Zellen. Im Anschluss analysierten die Forschenden im Nanobereich, wie die Proteine auf der Oberfläche der B-Zellen neue Interaktionen mit anderen Rezeptoren eingehen: „Diese Ergebnisse beruhen auf unserer Forschung an Nanoclustern von Membranproteinen und deren Regulierung auf Immunzellen“, sagt Reth.
„Das Protein CD20 hält den B-Zellantigenrezeptor der Klasse IgM, der köperfremde Eiweiße erkennt, und den Korezeptor CD19 auseinander. CD20 sichert dadurch den Ruhezustand der B-Zellen“, führt der Freiburger Biologe aus. Erst wenn diese Proteine in der Membran interagieren und einen IgM/CD19 Komplex bilden – normalerweise als Reaktion auf ein körperfremdes Antigen – wird die Abwehr der Immunzelle vollständig aktiviert. Dieser Komplex bildet sich auch in den Zellen ohne CD20 oder nach einer Behandlung mit Rituximab, fand das Team von Reth heraus.
Die Bindung von Rituximab, das gegen B-Zell-Lymphome sowie B-Zell-Autoimmunerkrankungen verschrieben wird, signalisiert anderen Immunzellen, alle CD20 tragenden B-Zellen zu zerstören. Deshalb untersuchten die Forschenden Blut von Patienten während der Behandlung mit Rituximab. „Wir stellten fest, dass durch Rituximab gebundenes CD20 auf der B-Zelloberfläche sehr schnell verschwindet. Diese B-Zellen bleiben dann unentdeckt, werden aber durch das Fehlen von CD20 aktiviert“, erklärt Kathrin Kläsener, Erstautorin der Studie.
Die so veränderten B-Zellen vermehren sich schließlich und können sich zu bösartigen Plasmazellen entwickeln. Diese Plasmazellen besitzen kein CD20 mehr und sind deshalb für Rituximab nicht mehr erreichbar. „In den Blutuntersuchungen von Rückfallpatienten nach Rituximabtherapie fanden wir auch erhöhte Mengen von Plasmazellen“, sagt Kläsener.
Die dazugehörigen Forschungsergebnisse haben wir euch im Text und hier verlinkt.
Dieser Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau.
Bildquelle: Olav Ahrens Røtne, unsplash