Bewegung ist gut für Herzpatienten, aber gilt das für alle? In einer Studie zu Sportinterventionen bei Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion kann Sport die Erwartungen nicht erfüllen – ausnahmsweise.
Die Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) ist eines der großen Sorgenkinder der Kardiologie. Kaum eine der bei der Herzinsuffizienz mit reduzierter EF (HFrEF) nachgewiesen effektiven, medikamentösen Behandlungen ist bei der HFpEF über Zweifel erhaben. Vom Betablocker über ACE-Hemmer bis hin zu den modernen Herzinsuffizienztherapeutika, sie alle konnten bisher nicht klar demonstrieren, dass sie auch den HFpEF-Patienten relevant etwas bringen.
Einzig körperliche Bewegung wurde HFpEF-Patienten bisher mit einem gewissen Brustton an Überzeugung von Kardiologen empfohlen. Das ist für viele Betroffene mühsam, denn die reduzierte Belastungstoleranz, objektiv messbar als sukzessive Abnahme der maximalen Sauerstoffaufnahme (Peak VO2), ist das Kardinalsymptom der HFpEF. Jetzt kippt selbst bei der Therapieempfehlung Sport eine sehr gut gemachte, randomisierte Studie ordentlich Wasser in den Wein. Die OptimEx-Studie, federführend durchgeführt von Stephan Müller und Martin Halle von der Abteilung für Prävention und Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar der TU München, ist die wohl bisher beste und aufwändigste klinische Studie zu Sportinterventionen bei der HFpEF.
An der randomisiert-kontrollierten, dreiarmigen Studie, die jetzt im JAMA publiziert wurde, nahmen an fünf Zentren in Deutschland, Belgien und Norwegen insgesamt 180 HFpEF-Patienten mit wenig aktivem Lebensstil teil. Verglichen wurden in den beiden Studienarmen ein hoch intensives Intervalltraining dreimal pro Woche zu je 38 Minuten mit einem moderaten, kontinuierlichen Training fünfmal pro Woche zu je 40 Minuten. Die dritte Gruppe war eine Kontrollgruppe: Hier wurde den Patienten im ärztlichen Gespräch körperliches Training gemäß Leitlinienempfehlungen ans Herz gelegt, die Umsetzung wurde den Betreffenden dann aber selbst überlassen.
Primärer Endpunkt der OptimEx-Studie war die Belastungstoleranz, gemessen als Peak VO2 nach drei Monaten. Hier wurde auch noch eine Latte eingefügt, über die es zu springen galt: Als minimal klinisch relevanter Unterschied wurden 2,5 ml/kg*min definiert, eine ehrgeizige Schwelle.
Anders als in vielen anderen Sportstudien wurde die Umsetzung des Trainings in der OptimEx-Studie zudem gut kontrolliert: Drei Monate lang wurde unter Aufsicht in der jeweiligen Einrichtung trainiert. Danach folgten weitere neun Monate telemedizinisch überwachtes Heimtraining, sodass die Studie sehr gute Aussagen zur Langzeiteffektivität des körperlichen Trainings und auch zur Compliance erlaubt.
Vor dem Hintergrund des beträchtlichen Aufwands ist das Ergebnis der Studie ein wenig deprimierend: Zwar gab es bei beiden Sportinterventionen einen statistisch signifikanten Anstieg des Peak VO2, ein Punkt, den auch Ambarish Pandey vom Southwestern Medical Center in Dallas, Texas, hervorhebt, der die Studie in einem Editorial kommentiert. Das präspezifizierte Relevanzkriterium wurde mit einem Zugewinn von 1,1 ml/kg*min beim hoch intensiven Intervalltraining bzw. 1,6 ml/kg*min beim kontinuierlichen Training aber klar verfehlt. Die Studienautoren ziehen deswegen eine klare Schlussfolgerung: Auf Basis der OptimEx-Studie könne weder das eine noch das andere Trainingsprogramm bei HFpEF empfohlen werden.
Kommentator Pandey ist in diesem Punkt durchaus anderer Auffassung: Er betont, dass viele andere Studien die Messlatte für eine klinische Relevanz beim Peak VO2 auf 1,0 ml/kg*min legen. Bei dieser Definition hätte die Studie ihr primäres Studienziel erreicht. Unabhängig davon, sind die Ergebnisse der OptimEx-Studie aber auch deswegen etwas desillusionierend, weil insbesondere der Langzeitendpunkt nicht beeindruckt. Beim hoch intensiven Intervalltraining blieb immerhin ein kleines Plus bei der Peak VO2 von 0,9 ml/kg*min bestehen. Beim moderaten, kontinuierlichen Training tat sich über 12 Monate nichts an der Peak VO2, und in der Kontrollgruppe ging es um 0,6 ml/kg*min nach unten. Das alles unterschied sich statistisch rein gar nicht.
Auch auf die diastolische Funktion oder überhaupt auf irgendwelche echokardiographischen Parameter und auf die natriuretischen Peptide hatte das Training keinen Einfluss. Immerhin war die Lebensqualität nach 12 Monaten besser, allerdings auch nur in der Gruppe mit moderatem kontinuierlichem Training, nicht in der Gruppe mit hoch intensivem Intervalltraining. Einen wichtigen Ansatzpunkt für eine mögliche Verbesserung der insbesondere längerfristigen Ergebnisse sehen die Autoren in einer Verbesserung der Adhärenz. Das wird allerdings schwierig, denn selbst mit telemedizinischer Überwachung gelang es nur der Hälfte der Patienten, 70% oder mehr der vorgesehen Trainingssessions zu bewältigen.
Nun waren die Patienten mit im Mittel 70 Jahren als typische HFpEF-Patienten allerdings auch nicht mehr ganz jung, was die eine oder andere verpasste Sporteinheit erklären mag. Die Multimorbidität spiegelte sich auch in einer eher hohen Rate an unerwünschten Ereignissen. Dies betraf die Gruppe mit hoch intensivem Intervalltraining ähnlich stark wie die Gruppe mit moderatem, kontinuierlichem Training und wie die Kontrollgruppe, sodass es sich eher nicht um Komplikationen des Trainings an sich gehandelt haben dürfte. Fazit: Es bleibt schwierig mit der HFpEF, pharmakologisch wie auch nicht pharmakologisch.
Bildquelle: Raoul Croes, unsplash