Wissenschaftler der Uni Magdeburg haben neue Erkenntnisse zur Abwehr von Krankheitserregern erlangt. Sie entschlüsselten einen entscheidenden Mechanismus in der Zell-Zell-Kommunikation.
Immunologin Prof. Anne Dudeck und der Diplom-Ingenieur Jan Dudeck haben gemeinsam mit ihrem Team einen entscheidenden Mechanismus der Kommunikation zwischen Mastzellen und neutrophilen Granulozyten aufgedeckt. Mit den Erkenntnissen wäre es unter anderem möglich, neue gezielte Therapien im Kampf gegen allergische Reaktionen oder Krankheitserreger zu entwickeln.
Mastzellen hatten lange einen schlechten Ruf, da sie die Schlüsselzellen unerwünschter allergischer Reaktionen sind, beispielsweise durch die Freisetzung von Histamin. Gleichzeitig sind Mastzellen essenziell für die schnelle Immunabwehr von Krankheitserregern, vor allem, weil sie die Neutrophilen an den Ort der Entzündung oder Infektion dirigieren.
Das Team untersuchte, wie Mastzellen die beschriebene Rekrutierung von Neutrophilen beeinflussen. Dass Mastzellen hierbei eine Rolle spielen, ist bereits bekannt, doch die genauen molekularen Mechanismen konnten bis jetzt nicht gezeigt werden. Mastzellen speichern in ihrem Inneren eine Vielzahl von entzündungsfördernden Stoffen in kleinen Speichern, den Granula, unter anderem den Botenstoff Tumornekrosefaktor (TNF).
Die Forscher konnten in ihrer neuen Studie zeigen, dass TNF der Mastzellen nicht, wie erwartet, die Blutgefäßwände aktiviert, sondern direkt die Neutrophilen selbst, die sich in der Blutzirkulation befinden, stimuliert, aus dem Blutgefäß heraus- und ins umgebende Gewebe hineinzuwandern.
Die Magdeburger Forscher konnten mit Hilfe hochauflösender 2-Photonen-Mikroskopie zeigen, dass die Mastzellen hierzu einen verblüffenden Trick nutzen: Sie positionieren sich wie Torwächter direkt rund um das Blutgefäß herum und schieben dabei kleine Fortsätze sogar in das Blutgefäß hinein. Aus diesen Fortsätzen werden im Alarmfall die Granula freigesetzt, die auch TNF enthalten. Dadurch gelangt es sofort dahin, wo die Neutrophilen es „sehen“ können, nämlich ins Innere der Gefäße, direkt in das Blut.
Gerichtete Degranulation von perivaskulären Mastzellen in das Blutgefäß; Quelle: Institut für Molekulare und Klinische Immunologie, Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Das freigesetzte TNF sorgt dafür, dass Oberflächenproteine auf den Neutrophilen aktiviert werden. Die im Blutstrom zirkulierenden Zellen werden dadurch gewissermaßen klebrig und können sich an der Gefäßwand anheften und dann ins Gewebe einwandern
Dudeck erläutert die Bedeutung dieser Ergebnisse: „Diese Kapazität von Mastzellen, direkt in den Blutstrom zu degranulieren, könnte die Erklärung dafür sein, dass auch lokal eintretende Allergene zu einem systemischen anaphylaktischen Schock führen können. Wenn wir nun den genauen Mechanismus entschlüsseln, wie sich die Mastzellen in das Blutgefäß schieben, kann man gezielte Therapieansätze entwickeln, um Schocksymptome oder Zytokinsturm-Syndrome zu verhindern. Im Gegenzug kann man die Fähigkeit der Mastzellen ausnutzen, um bei Infektionen die Immunantwort, vor allem die Rekrutierung von Neutrophilen absichtlich zu fördern.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universitätsmedizin Magdeburg. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Science in HD, Unsplash