Was sollte man als MS-Patient bei einer Impfung gegen Corona beachten? Zwei Fachverbände haben dazu eine gemeinsame Empfehlung herausgegeben.
Was ist bei einer Corona-Impfung während einer MS-Therapie zu beachten? Das haben die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) hat in Zusammenarbeit mit dem Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) zusammmengefasst.
Eine Multiple Sklerose (MS) stellt grundsätzlich keine Kontraindikation für Impfungen dar. Impfungen lösen keine MS aus und eine Auswirkung auf die Krankheitsaktivität ist unwahrscheinlich. Durch Impfungen vermeidbare Infektionen können einerseits schwerwiegende Erkrankungen verursachen, andererseits bei MS-Erkrankten Schübe auslösen und zur Krankheitsverschlechterung beitragen. Dieses Risiko ist höher einzuschätzen als potenzielle Risiken durch Impfungen.
MS-Erkrankte sollten daher entsprechend den allgemeinen von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlenen Impfungen im Erwachsenenalter geimpft werden. Grundsätzlich sollte man sich nur impfen lassen, wenn man sich selbst wohl fühlt und nicht erste Symptome einer Erkältung bemerkt.
Zu Impfungen mit Totimpfstoffen bei MS-Erkrankten wurden in den letzten Jahren viele Daten veröffentlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Impfung mit Totimpfstoff einen Schub auslösen könnte, ist demnach gering. Auch das Auftreten einer MS oder einer anderen Autoimmunerkrankung nach einer Impfung konnte durch eine umfangreiche Untersuchung nicht bestätigt werden (wir berichteten).
Impfungen mit Lebendvirus-Impfstoffen werden etwas kritischer beurteilt, da sie eine stärkere Immunreaktion hervorrufen. Dennoch besteht auch hier keine absolute Gegenanzeige. Im Einzelfall muss immer abgeschätzt werden, welches Risiko die Krankheit in sich birgt, vor der die Impfung schützen soll und welches Risiko die Impfung. Es ist bekannt, dass nach Infekten das Schubrisiko erhöht ist. Im Vergleich dazu ist das Schubrisiko nach einer Impfung sehr gering.
COVID-19 nimmt in zehn Prozent der Fälle einen schweren Verlauf, der Fall-Verstorbenen-Anteil liegt in Deutschland zwischen zwei und drei Prozent (vgl. RKI). Die Experten empfehlen MS-Erkrankten – nach aktuellem Stand – sich und andere durch die Impfung zu schützen. Zudem können auch nach einer mild verlaufenden Infektion langanhaltende Symptome (Long Covid), wie Geschmacksstörungen und, für MS-Erkrankte besonders beeinträchtigend, chronische Müdigkeit, Fatigue und Depressionen bestehen (wir berichteten).
Nach der Coronavirus-Impfverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit sind MS-Erkrankte per se in der Priorisierungsstufe 3 berücksichtigt. In Einzelfällen kann über die Zugehörigkeit zur Priorisierungsstufe 2 entschieden werden. Um einen Anspruch auf vorrangige Impfung nachweisen zu können, ist für die Zugehörigkeit zu den Priorisierungsgruppen 2 und 3 eine ärztliche Bescheinigung erforderlich. Hier reicht eine formlose Bescheinigung über das Bestehen einer entsprechenden Erkrankung aus. Bei MS-Erkrankten, die aufgrund ihres Alters bereits zu den Priorisierungsgruppen 2 und 3 gehören, reicht als Nachweis die Vorlage des Personalausweises.
Grundsätzlich ist eine Impfung gegen SARS-CoV-2 zu empfehlen. Für Impfungen unter Immuntherapie sind allerdings einige Hinweise zu berücksichtigen. Bei einigen Immuntherapien gibt es Hinweise auf ein vermindertes Ansprechen. Die Datenlage hierzu ist begrenzt. So liegen zu einem möglichen Einsatz der COVID-19-Impfstoffe bei Personen mit Autoimmunerkrankungen und/oder immunmodulierenden/-supprimierenden Therapien keine Daten aus den Zulassungsstudien vor. Die genannte Einschätzung beruht auf dem Wissen über die Wirkmechanismen der MS-Therapien sowie der Wirksamkeit von anderen Impfstoffen bei MS. Die fehlende Datenbasis lässt auch keine besondere Empfehlung für einen der Corona-Impfstoffe zu.
Aktuelle Erfahrungen aus Israel mit 500 MS-Patienten, die den mRNA-Impfstoff von Biontech erhalten haben, zum Teil auch schon die zweite Impfung, haben bisher keine unerwarteten Nebenwirkungen oder Aktivierung der MS gezeigt (Achiron A., Sheba Medical Center, persönliche Mitteilung an KKNMS).
Für eine Impfung sollte eine MS-Therapie nicht unterbrochen werden, da die Auswirkungen der Unterbrechung auf die MS höher einzuschätzen sind als eine geminderte Immunantwort durch die MS-Therapie. Im Folgenden sind alle MS-Medikamente mit bereits vorliegenden Erfahrungen in Bezug auf Impfungen aufgeführt:
Dieser Text beruht auf einer Pressemitteilung des Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS).
Bildquelle: Carlos Alberto Gómez Iñiguez, Unsplash