Patienten mit einer Herzschwäche weisen häufig Gedächtnisstörungen und Aufmerksamkeitsdefizite auf. Eine Studie zeigt nun, dass sich diese Einschränkungen bei optimaler Therapie kaum verschlechtern.
Ein Würzburger Forschungsteam konnte bereits 2018 belegen, dass Herzinsuffizienz-Patienten häufig eine kognitive Leistungsschwäche aufweisen. Über die Verlaufsdynamik und begleitende Veränderungen im Gehirn bei Herzinsuffizienz-Patienten war bislang wenig bekannt.
Die Basisuntersuchungen hatten gezeigt, dass die Mehrzahl der Patienten mit Herzschwäche im Vergleich zu einer herzgesunden Kontrollgruppe eine deutlicher ausgeprägte Atrophie des Hippocampus aufwies, also genau die Hirnregion, die für unterschiedliche kognitive Funktionen, wie Gedächtnis, Erkennen und Verarbeiten von Inhalten, entscheidend ist.
Der Gewebeschwund in dieser Hirnregion stand im Zusammenhang mit der kognitiven Beeinträchtigung der Studienteilnehmer: 41 Prozent der untersuchten Patienten zeigten Defizite in der Reaktionszeit, 46 Prozent im verbalen Gedächtnis und 25 Prozent im Arbeitsgedächtnis.
Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass sich die zum Studienstart vorhandenen kognitiven Defizite bei optimaler Herzinsuffizienztherapie binnen drei Jahren kaum verschlechtert haben – eine ermutigende Erkenntnis für Patienten.
Die Studienteilnehmer waren 148 Patienten mittleren Alters mit einer mindestens ein Jahr zuvor diagnostizierten Herzschwäche. Sie wurden über den Verlauf von drei Jahren durch vier verschiedene Fachrichtungen, darunter Neurologie, Psychologie, Neuroradiologie und Kardiologie, dreimal untersucht.
Das Programm war umfangreich: von EKG und Herzultraschall, über neurologische Untersuchungen und neuropsychologische Tests. Eine Besonderheit der Studie war die gleichzeitige Erfassung der Hirnstruktur mittels Magnetresonanztomographie (MRT).
Die am Anfang der Studie vorhandenen kognitiven Einschränkungen waren im zeitlichen Verlauf im Mittel stabil. Teilweise fanden sich sogar geringfügige Verbesserungen. Lediglich die Defizite in der Aufmerksamkeit nahmen im Verlauf von drei Jahren etwas zu.
Prof. Stefan Störk, Leiter der Klinischen Forschung am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg, erklärt diese Stabilität unter anderem mit den Studienbedingungen: „Mit einer optimierten Herzinsuffizienz-Therapie und der besonderen Unterstützung durch das Studienteam mit speziell ausgebildeten Herzinsuffizienz-Schwestern scheinen sich die zum Studienstart vorhandenen Defizite kaum zu verschlechtern.“
Das belegt einmal mehr die Notwendigkeit einer intensiven und individuellen Betreuung. Durch die Störungen des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit können viele Patienten den Therapieplan nicht einhalten. Eine individuelle Betreuung durch eine Herzinsuffizienz-Schwester wirkt dem entgegen.
Neu und bislang einzigartig ist die Analyse des Langzeitverlaufs von Kognition und bildmorphologischen Gehirnveränderungen. „Dabei kam eine computergestützte Analysetechnik der MRT-Gehirnbilder zum Einsatz“, berichtet Prof. Mirko Pham, Leiter des Instituts für Neuroradiologie. „Dieses Auswerteprogramm erlaubt die auf Kubikmillimeter genaue Vermessung der Volumina einzelner Hirnregionen, wie dem Hippocampus. Damit kann vollautomatisiert ein objektiver Befund erhoben werden […]. Mit Hilfe dieses Programms lassen sich dann feinste Veränderungen im zeitlichen Verlauf eindeutig bestimmen.“
Dabei bestätigte sich zunächst ein vermindertes Volumen des Hippocampus von Herzinsuffizienz-Patienten. Neu ist allerdings der Befund, dass der im Verlauf von drei Jahren zu beobachtende globale und lokale Verlust von Hirnsubstanz das Ausmaß des physiologischen Alterns nicht übersteigt.
Die Schwere der Hippocampusatrophie korrelierte mit kognitiven Leistungseinbußen bei Studieneintritt, aber Betroffene zeigen keinen beschleunigten Abbau von Hirnsubstanz, zumindest solange das Ausmaß der Herzinsuffizienz stabil blieb.
„Die Studienergebnisse legen die Hypothese nahe, dass wesentliche pathologische Prozesse in der Herz-Hirn-Interaktion, die zur umschriebenen Hirnatrophie und kognitiven Einschränkungen führen, vielleicht bereits weit vor der Entwicklung der Herzschwäche selbst im Rahmen der ursächlichen Grunderkrankungen, wie zum Beispiel einem akuten Myokardinfarkt entstehen“, so Prof. Guido Stoll, leitender Neurologe am Uniklinikum Würzburg.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätsklinikums Würzburg. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Daniel Öberg, Unsplash