Die Pille wird für alles Mögliche verantwortlich gemacht, auch für Krebserkrankungen. Nicht alles entspricht dabei den Tatsachen, wie eine Studie aus Schweden zeigt.
Es ist vollkommen richtig, dass bei Medikamenten immer der Nutzen dem potenziellen Risiko überlegen sein muss. Das betrifft insbesondere Pharmaka, die von gesunden Menschen zu einem bestimmten Zweck, wie etwa der Empfängnisverhütung, eingenommen werden. Dabei ist es aber genauso wichtig, Medikamente nicht zu Unrecht für bestimmte Nebenwirkungen verantwortlich zu machen. Überraschenderweise trifft sogar manchmal genau das Gegenteil zu.
An der Universität Uppsala in Schweden wurde eine Studie mit mehr als 250.000 Frauen durchgeführt und die Ergebnisse in der Fachzeitung Cancer Research veröffentlicht. Es ging dabei um eine Frage, die so alt wie die Pille selbst ist und in regelmäßigen Abständen immer wieder auftaucht. Dabei handelt es sich um ein vollkommen nachvollziehbares und wichtiges Anliegen, denn wer möchte schon durch ein Medikament, dass nicht unbedingt nötig ist und für das es Alternativen gibt, eine Krebserkrankung erleiden?
Orale Kontrazeptiva sind deshalb so bedeutsam, da etwa 80 Prozent aller Frauen in Westeuropa sie irgendwann einmal in ihrem Leben eingenommen haben.
Eierstockkrebs hat eine Inzidenz von etwa 7.350 Neuerkrankungen pro Jahr und gehört in der Frauenheilkunde zu den dritthäufigsten Tumorarten. Es besitzt die höchste Mortalitätsrate, da es meist erst spät erkannt wird. Orale Kontrazeptiva verhindern die Ovulation und versetzen die Ovarien in eine Art Ruhezustand.
Die Inzidenz des Endometriumkarzinoms liegt bei nahezu 11.090 Neuerkrankungen und steht bei den gynäkologischen Tumoren an zweiter Stelle. Es wird meist früh erkannt und hat daher häufig eine gute Prognose. Unter oralen Kontrazeptiva wird die Gebärmutterschleimhaut weniger stark aufgebaut.
„Es wurde klar, dass Frauen, die die Antibabypille verwendet haben, ein deutlich geringeres Risiko hatten, sowohl an Ovarial- als auch an Endometriumkarzinom zu erkranken. Fünfzehn Jahre nach dem Absetzen der oralen Kontrazeptiva war das Risiko um etwa 50 Prozent geringer. Ein vermindertes Risiko wurde noch bis zu 30–35 Jahren nach dem Absetzen festgestellt“, so Asa Johansson, eine der führenden Forscherinnen der Studie an der Abteilung für Immunologie, Genetik und Pathologie der Universität Uppsala.
Mit knapp 69.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist das Mammakarzinom die häufigste Krebserkrankung der Frau. Durch frühe und adäquate Therapie ist es heute gut behandelbar, bei teilweise sehr guter Prognose.
Orale Kontrazeptiva wurden schon früh mit einem erhöhten Risiko für ein Mammakarzinom in Verbindung gebracht.
„Überraschenderweise fanden wir nur ein geringfügig erhöhtes Brustkrebsrisiko unter den Anwenderinnen oraler Kontrazeptiva, und das erhöhte Risiko verschwand innerhalb weniger Jahre nach dem Absetzen. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich das Lebenszeitrisiko für Brustkrebs zwischen Nie-Anwenderinnen und Anwenderinnen wahrscheinlich nicht unterscheidet, auch wenn es ein erhöhtes kurzfristiges Risiko gibt“, so Johansson.
Eine weitere Studie mit 46.000 Frauen hat über 44 Jahre die Einnahme oraler Kontrazeptiva und ihre Auswirkung auf Krebserkrankungen untersucht. Bei Frauen, die jemals in ihrem Leben orale Antikonzeptiva eingenommen hatten, war das Risiko für kolorektale Karzinome, Endometrium- und Ovarialkarzinome, aber auch für lymphatische und hämatologische Krebserkrankungen reduziert. Das erhöhte Risiko für Mamma- und Zervixkarzinome verschwand etwa fünf Jahren nach Ende der Einnahme.
Das Krebsrisiko sei damit langfristig nicht erhöht, sondern man ginge sogar von einer anhaltenden Reduktion des Risikos für manche Krebsformen aus.
Aufsehen erregte ein Rote-Hand-Brief vom 20. April 2020:
Präparate mit 2 mg Cyproteronacetat und 0,035 mg Ethinylestradiol wurden in der Vergangenheit gerne als orales Kontrazeptivum bei Frauen mit schwerer Akne verordnet. Zur alleinigen Kontrazeption ist es nicht zugelassen. Mittlerweile sollte Cyproteronacetat in der Gynäkologie nur noch bei ausgeprägtem Hirsutismus eingesetzt werden.
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