Jeder Katzenbesitzer kennt die euphorisierende Wirkung, die Katzenminze auf die Tiere hat. Forscher konnten nun feststellen, dass Katzen noch einen anderen Nutzen aus dem Kontakt mit der Pflanze ziehen.
Katzenbesitzer überschwemmen das Internet mit Videos ihrer Tiere, die sich euphorisch in Katzenminze und mit damit gefüllten Spielzeugen wälzen und dabei wie im Rausch sind. Aber warum genau Katzenminze und auch der Japanische Strahlengriffel diese Reaktion hervorrufen, war lange ein Rätsel.
Jetzt legt eine Studie nahe, dass die berauschenden Schlüsselsubstanzen in den Pflanzen das Opioidsystem von Katzen – ähnlich wie Heroin und Morphin bei Menschen – aktivieren. Außerdem kommt die Studie zu dem Schluss, dass das Reiben an den Pflanzen die Tiere vor Mückenstichen schützt.
Die Echte Katzenminze (Nepeta cataria) und der Japanische Strahlengriffel (Actinidia polygama) enthalten beide chemische Verbindungen, die Iridoide genannt werden. Sie sollen die Pflanzen vor Blattläusen schützen und sind der Schlüssel zur Katzen-Euphorie. Um die physiologische Wirkung dieser Verbindungen zu bestimmen, führte der Biologe Masao Miyazaki von der Universität Iwate fünf Jahre lang verschiedene Experimente mit den Pflanzen und ihren Chemikalien durch.
Zunächst extrahierte sein Team alle Chemikalien, die sowohl in der Katzenminze als auch in den Blättern des Strahlengriffels enthalten sind. So identifizierte er schließlich jene Komponente, die den Katzenrausch hervorruft: eine der Minze ähnliche Substanz aus dem Strahlengriffel namens Nepetalactol – von der bisher nicht bekannt war, dass sie auf Katzen wirkt. Die Substanz ähnelt dem Nepetalacton, dem wichtigsten Iridoid in der Katzenminze.
Die Wissenschaftler tropften das Nepetalactol in kleine Papierbeutel und präsentierten diese, zusammen mit Beuteln, welche nur Kochsalzlösung enthielten, 25 Hauskatzen, um ihre Reaktion zu messen. Die meisten Tiere zeigten nur Interesse an den Beuteln mit Nepetalactol.
Um sicherzugehen, wiederholten die Forscher das Experiment mit 30 wild lebenden Katzen sowie einem Leoparden, zwei Luchsen und zwei Jaguaren aus zwei japanischen Zoos. Ob groß oder klein, alle Katzen rieben ihre Köpfe und Körper durchschnittlich 10 Minuten lang an den Beuteln (siehe Video). Hunde und Mäuse zeigten kein Interesse an der Substanz.
Die Forscher konnten außerdem, 5 Minuten nach der Exposition mit Nepetalactol, eine Erhöhung des Beta-Endorphin-Spiegels im Blut der Katzen messen. Fünf Katzen, bei denen sie das Opioidsystem mit Naloxon blockierten, reagierten nicht auf die mit Nepetalactol infundierten Beutel.
Einer der Wissenschaftler wies auf die insektenabweisenden Eigenschaften von Nepetalacton hin. Diese sollen mit der Wirksamkeit des Repellents DEET vergleichbar sein. Die Forscher stellten die Hypothese auf, dass Katzen in freier Wildbahn, wenn sie sich an Katzenminze oder Strahlengriffel reiben, im Wesentlichen ein Insektenschutzmittel auftragen.
Sie wiesen zunächst nach, dass Katzen die Chemikalie auf ihre Haut übertragen können und führten dann einen Test mit lebenden Mücken durch – ähnlich wie bei der Beurteilung von Insektenschutzmitteln an den Armen von Menschen. Sie setzten die mit Nepetalactol behandelten Köpfe sedierter Katzen in Kammern voller Mücken und zählten, wie viele auf ihnen landeten – es war etwa die Hälfte als bei mit einer neutralen Substanz behandelten Köpfe.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass das Rollen eher ein funktionelles Verhalten ist“, so Co-Autor Miyazaki. Die Forscher spekulieren, dass die Vorfahren der Katzen ihre Körper zufällig an den Pflanzen gerieben haben könnten, das Gefühl genossen und es deshalb immer wieder taten. Es ist jedoch nicht klar, ob es die euphorische Reaktion war – oder die insektenabwehrenden Eigenschaften der Pflanze, die sie dazu veranlasste.
„Jeder, der schon einmal im Feld gesessen hat, um Tiere beim Auflauern von Beute zu beobachten, weiß, wie schwierig es für sie ist, stillzuhalten, wenn viele Stechmücken in der Nähe sind“, erklärt Miyazaki. „Es scheint daher nicht unvernünftig, zu argumentieren, dass es einen starken Selektionsdruck gibt“, um lästige Mücken fernzuhalten.
Zur Studie kommt ihr hier.
Bildquelle: Mitchell Luo, Unsplash