Epileptische Entladungen führen offenbar zu einem Anstieg des pH-Werts in den Astrozyten. Die Alkalinisierung stört die zellulären Astrozyten-Netzwerke. Diese Erkenntnis könnte jetzt einen Ansatz für neue Therapien liefern.
Bei einem epileptischen Anfall entladen sich plötzlich und synchron eine große Zahl von Nervenzellen im Gehirn. Diese Überaktivität führt oft zu unwillkürlichen starken Bewegungsstörungen. Es kommt zu einem einzelne Muskelgruppen, oft aber auch große Teile des Körpers betreffenden Krampfanfall. Andere Formen können sich in einer kurzen Bewusstseinspause äußern.
Bei rund zwei Drittel der Betroffenen gelingt es, Epilepsieanfälle medikamentös weitestgehend in den Griff zu bekommen. Aber ein Drittel der an Epilepsie leidenden Patienten spricht nicht auf die verfügbaren Medikamente an. Für diese Patienten sind neue therapeutische Strategien notwendig.
Prof. Christine Rose und ihr Doktorand Jan Meyer vom Institut für Neurobiologie der HHU haben sich mit der Frage beschäftigt, welche zellulären Mechanismen zur Entstehung von Epilepsien führen. Während sich die Mehrzahl solcher Untersuchungen bislang auf Neuronen konzentriert, fokussierte sich dieses Forschungsteam aber auf die Astrozyten, eine Klasse von Gliazellen.
Gliazellen machen rund die Hälfte aller Zellen im Gehirn aus. Es gibt verschiedene Formen von ihnen, die unterschiedliche Funktionen übernehmen. Die Astrozyten sind unter anderem für den Ionenhaushalt im Gehirn verantwortlich, spielen aber auch eine wichtige Rolle bei der direkten Signalübertragung zwischen Neuronen.
In ihrem Paper zeigen die Forscher, dass epileptische Entladungen zu einem Anstieg des pH-Werts in den Astrozyten führen, einer Alkalinisierung. Diese pH-Änderung stört die Kommunikation innerhalb der zellulären Astrozyten-Netzwerke. Und eine solche verminderte Kommunikation der Astrozyten scheint die epileptische Aktivität der Neuronen zu verstärken.
Diese Erkenntnis weist einen möglichen Weg zu einem neuen therapeutischen Werkzeug auf. Man könnte mittels Medikamenten die Veränderung des pH-Werts in den Astrozyten unterbinden. Diese Option konnten die Forscher bei Experimenten im Tiermodell bestätigen: Tiere, die entsprechend medikamentös behandelt wurden, litten weniger stark an epileptischen Überregungen des Gehirns als unbehandelte Tiere.
Dazu Rose: „Diese Beobachtung stimmt uns hoffnungsvoll. Aber ob sie sich tatsächlich auf den Menschen übertragen lässt, muss noch untersucht werden. Und bis dann ein möglicher Wirkstoff für Patienten entwickelt werden kann, ist es noch ein sehr langer Weg.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Solen Feyissa, Unsplash