In Bayreuth müssen über 3.000 Mitarbeiter einer Klinik in eine Pendelquarantäne. Der Grund sind Infektionen mit einer der neuen Corona-Varianten. Deren Auftreten soll jetzt besser überwacht werden.
In Deutschland ist die Überwachung von Virusmutaten mithilfe der Technik der Genom-Sequenzierung wenig etabliert. Deswegen ist unklar, wie stark sich neue Coronavarianten, wie etwa die britische Variante B.1.1.7, hierzulande verbreiten. Als Vorbilder für die flächendeckende Überwachung zirkulierender Viren werden immer wieder das Vereinigte Königreich und Dänemark hervorgehoben. In Dänemark steigt laut aktueller Zahlen der Anteil an B.1.1.7-Mutanten erwartungsgemäß an, während die Infektionszahlen sinken.
Mittlerweile sind auch in Deutschland Proben analysiert worden, in denen die relevanten Mutationen im Spike-Protein nachgewiesen wurden. Im Klinikum Bayreuth bekommen die 3.300 Mitarbeiter das Auftauchen der neuen Variante besonders hart zu spüren. Seit Dienstag befinden sie sich in sogenannter Pendelquarantäne, dürfen sich also nur zwischen Klinik und Wohnung bewegen, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Bei 11 Mitarbeitern besteht der Verdacht auf eine Infektion mit der mutierten Variante.
Auch in Berliner Kliniken werden vermehrt mutierte Viren nachgewiesen. Um sich ein besseres Bild über die zirkulierenden Virusvarianten machen zu können, will Berlin nun möglichst bei allen Corona-Tests auch eine Nachtestung auf Mutationen vornehmen.
Auch das Bundesgesundheitsministerium zieht inzwischen Konsequenzen. Vor Kurzem hat es eine Verordnung erlassen, die Geld für die Genomsequenzierung in der Pandemie in Aussicht stellt: Labore sollen fünf Prozent der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Proben bei hohen Fallzahlen und zehn Prozent bei niedriger Inzidenz auf Kosten des Staates sequenzieren können (wir berichteten).
Wie genau das bestmöglich vonstattengehen sollte, damit die Ergebnisse auch einer tatsächlich flächendeckenden Überwachung von Mutationen im Erbgut von Erregern wie SARS-CoV-2 dienlich sind, geht daraus nicht detailliert hervor. Das Robert-Koch-Institut wird in der Verordnung als neue Anlaufstelle für alle erhobenen Erbgut-Sequenzen von SARS-CoV-2 benannt und stellt auf seiner Webseite die technische Infrastruktur vor, die Labore für die Datenübermittlung nutzen sollen. Dabei sollen auch die epidemiologischen Daten mit den jeweiligen Erbgut-Analysen verknüpft werden.
„Wir können nur hoffen, dass mit der neuen Initiative der Grundstein für eine nachhaltige Genomüberwachung für Viren geschaffen wurde, die auch nach der Pandemie erhalten bleibt“, kommentiert Prof. Manja Marz, Leiterin des Labs RNA Bioinformatics and High-Throughput Sequencing Analysis der Friedrich-Schiller-Universität in Jena das Vorgehen. Die Notwendigkeit für eine bessere Genomsequenzierung gelte nicht nur für die akute Pandemie, sondern auch darüber hinaus. Marz: „Wir sollten schon vor der nächsten Pandemie einen Plan davon haben, was uns alles erwarten kann. Dabei wird die Erbgutanalyse entscheidend helfen.“
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