Gerinnungshemmer sind kein Hindernis für eine COVID-19-Impfung: Die Schutzwirkung überwiegt das Blutungsrisiko durch die Injektion.
Mehrere hunderttausend Patienten in Deutschland werden aufgrund einer Herzerkrankung wie Vorhofflimmern oder als Träger von künstlichen mechanischen Herzklappen mit Antikoagulanzien behandelt. Gerinnungshemmer senken das Embolierisiko, erhöhen aber zugleich die Gefahr von Blutungen.
„Dennoch sollten sich Herzpatienten, die Gerinnungshemmer einnehmen, unbedingt gegen COVID-19 impfen lassen. Die Schutzwirkung der Corona-Impfung gegen die lebensbedrohlichen Folgeschäden oder gar den Tod durch COVID-19 überwiegen die Risiken durch Blutungen bei Weitem“, sagt der Kardiologe Prof. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
Die mRNA-Impfstoffe der COVID-19-Impfung werden in die Muskulatur des Oberarms injiziert. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) gilt diese intramuskuläre Verabreichung des Impfstoffs auch für Patienten, die Gerinnungshemmer einnehmen. Für diese Patienten sollten gemäß RKI jedoch sehr feine Injektionskanülen verwendet werden. Im Anschluss an die Impfung sollten Patienten die Einstichstelle etwa fünf Minuten komprimieren.
Experten raten vorsichtshalber zu einer längeren Nachbeobachtungszeit von 15 bis 30 Minuten. „Darauf sollten Herzpatienten mit Gerinnungshemmern bei ihrem Impftermin im Impfzentrum ausdrücklich hinweisen“, betont Meinertz. „Solche einfachen, aber wichtigen Maßnahmen reduzieren das Blutungsrisiko auf ein verträgliches Maß. Einer COVID-19-Impfung steht damit für diese Patienten nichts mehr im Wege.“
Eine zweite Corona-Impfung erfolgt nach 21 Tagen (beim Impfstoff von Biontech/Pfizer BNT162b2) beziehungsweise 28 Tagen (beim Impfstoff von Moderna mRNA-1273). Eine begonnene Impfserie soll mit dem gleichen Impfstoff abgeschlossen werden, auch wenn zwischenzeitlich weitere Impfstoffe zugelassen sind.
„Herzpatienten mit Vorhofflimmern oder einer künstlichen Herzklappe, die dauerhaft einen Gerinnungshemmer zur Thromboseprophylaxe einnehmen müssen, dürfen auf keinen Fall für die COVID-19-Impfung den Gerinnungshemmer eigenmächtig absetzen“, warnt der Herzspezialist. Insbesondere Patienten, die beispielsweise wegen einer künstlichen Herzklappe Phenprocoumon oder Warfarin einnehmen, sollten unbedingt Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt halten, inwieweit der INR-Wert zur Bestimmung der Stärke der Gerinnungshemmung und der Wirkung des Medikaments abgesenkt werden kann.
„Am Tag der Injektion sollten diese Patienten darauf achten, dass der INR-Wert in der Größenordnung von etwa 2 liegt, das heißt etwas unter dem therapeutischen Bereich“, rät Meinertz. „Das minimiert das Risiko einer intramuskulären Blutung.“ Im Anschluss kann die Wiedereinstellung auf den therapeutischen INR-Bereich erfolgen.
Gering ist das Blutungsrisiko bei NOAKs (Nicht-Vitamin-K-basierte orale Antikoagulanzien). „Die neueren Blutverdünner NOAKs sind kein Hindernis für eine Corona-Impfung“, so Meinertz. Auch hier sollte man jedoch die Empfehlung des RKI beachten und die Impfung mit einer möglichst dünnen Kanüle durchführen.
Patienten mit NOAKs rät er, mit ihrem Kardiologen zu besprechen, ob sie eine Dosis ihres Gerinnungshemmers am Morgen des Impftages auslassen sollen. Patienten können selber schon zusätzliche Blutungsrisiken reduzieren, wenn sie darauf achten, den Blutdruck gut einzustellen, auf größere Mengen Alkohol verzichten und eine unkritische Einnahme von Schmerz- und Rheumamitteln möglichst vermeiden.
Der Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung/Deutschen Stiftung für Herzforschung.
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