Bei einem 67-jährigen Mann wird eine unklare Masse in der Lunge entdeckt. Da alles auf einen bösartigen Tumor hindeutet, entscheiden sich die Ärzte, diesen zu entfernen. Doch kurz vor dem Ende des Eingriffs kommt es zu einem seltsamen Zwischenfall im OP.
Ein 67-jähriger Japaner wird in ein Krankenhaus überwiesen, um eine suspekte Masse im linken Oberlappen der Lunge untersuchen zu lassen. Vor 6 Wochen hatte er auf der rechten Seite Rippenfrakturen traumatischer Genese, seine sonstige medizinische Vorgeschichte ist unauffällig. Auf CT-Aufnahmen sehen die Ärzte eine 32 Millimeter große Masse im vorderen Segment der rechten Lunge ohne offensichtliche Schwellung hilärer oder mediastinaler Lymphknoten. Zu sehen sind außerdem noch die bekannten Rippenfrakturen der dritten bis fünften Rippe, die allerdings bereits fast vollständig verheilt sind. Lediglich die Frakturenden ragen etwas in die Brusthöhle. Emphyseme oder Bullae sind nicht sichtbar.
Die Ärzte führen zusätzlich noch eine PET-CT durch, welche ebenfalls auf einen Tumor im linken Oberlappen hindeutet.
Das Stadium wird als cT2aN0M0 bestimmt, eine transbronchiale Biopsie ergibt, dass es sich um ein Adenokarzinom handelt. Die Ärzte entscheiden sich daher, den Tumor operativ zu entfernen. Präoperative Lungentests deuten auf eine leichte Obstruktion hin, sind aber sonst unauffällig.
Nach der Einleitung führen die Anästhesisten einen endotrachealen Doppellumentubus ein. Die Position wird nochmals per Bronchoskopie kontrolliert - soweit sieht alles gut aus. Der Patient erhält eine volumenkontrollierte Beatmung. Aufgrund des Eingriffes muss zwischenzeitlich eine Einlungenventilation durchgeführt werden. Das Tidalvolumen setzen die Ärzte auf 200mL und den maximal inspiratorischen Druck auf 35 cmH2O. Anschließend steht der linksseitigen oberen Lobektomie der Lunge nichts mehr im Wege.
Die Operation verläuft soweit erfolgreich. Doch als die Ärzte gerade die Wunde verschließen wollen, fällt plötzlich der Blutdruck des Patienten. Die Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz bleiben stabil. Die Ärzte injizieren Phenylephrin und sofort verbessert sich der Blutdruck wieder. Sie legen noch schnell eine Thoraxdrainage ein, stellen endlich wieder auf Zweilungenventilation um und beenden den Eingriff.
Um dem seltsamen Zwischenfall auf den Grund zu gehen, lassen sie danach Röntgenbilder vom Thorax anfertigen. Dann ist schnell klar, wie es zum Blutdruckabfall kommen konnte: Auf der rechten Seite ist ein deutlicher Spannungspneumothorax zu sehen.
Vermutlich könnten dabei die Rippenfrakturen eine Rolle gespielt haben. Die Ärzte legen auch hier eine Drainage, um den Pneumothorax zu beheben. Diese kann nach einem Tag wieder entfernt werden. Nach 8 Tagen kann der Patient aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Text- und Bildquelle: Kumata et al. / Journal of Medical Case Reports