Die Aussage eines sächsischen Mediziners, in seinem Krankenhaus sei bereits eine besondere Triage für Corona-Patienten notwendig, sorgt in den Medien für Aufregung. Jetzt bringen sich Fachgruppen und Experten ein.
Ein Mediziner aus dem sächsischen Zittau sorgt mit einer brisanten Aussage für Aufregung: So sprach er in einem Online-Bürgerforum von einer Triage-Notwendigkeit im Zusammenhang mit Corona-Patienten. Das legt den Eindruck nahe, Mediziner müssten wegen knapper Ressourcen entscheiden, wem sie helfen können und wem nicht.
Der darauf folgende Wirbel in den Medien ist riesig. Und zeigt, wie viel Panik der Begriff „Triage“ schürt – wenn er missverständlich verwendet wird. Fachgruppen beziehen deswegen jetzt Position und stellen ihrerseits klar: Es gibt aktuell noch freie Intensivbetten in Sachsen.
Die Meldungen aus Zittau sind verwirrend. In einem Online-Forum hatte der ärztliche Direktor des Oberlausitzer Bergland-Klinikums, Mathias Mengel, offenbar davon gesprochen, dass in seinem Krankenhaus aufgrund hoher Auslastung in den vergangenen Tagen schon mehrmals entschieden werden musste, welcher COVID-19-Patient Zugang zu den begrenzt vorhandenen Sauerstoffgeräten erhalte und wer nicht. Diese Aussage bestätigte er später gegenüber t-online.
Die Zittauer Krankenhausleitung hat aber mittlerweile erklärt, es habe keine Triage-Lage gegeben und spricht von einem Missverständnis. „Zu keinem Zeitpunkt wurde hier jemand nicht oder nicht mehr beatmet“, wird Sprecherin Dr. Jana-Cordelia Petzold in der Bild zitiert.
Das deutsche Gesundheitssystem sei zwar stark belastet, erklärt die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und die Fachgruppe COVRIIN beim Robert-Koch-Institut (RKI) in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. „Wir stehen aber derzeit NICHT an dem Punkt Priorisierungen von Patienten vornehmen zu müssen!“, heißt es in dem Dokument.
Auch sei der Fall einer möglichen regionalen Überlastung mit Patienten, die eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, eindeutig geregelt. Dann werde innerhalb Deutschlands übergreifend verlegt, nach dem sogenannten Kleeblattkonzept. „Das DIVI-Intensivregister kann differenziert aufzeigen, in welchen weniger belasteten Regionen freie Intensivbetten zur Verfügung stehen. Durch das Verlegungskonzept können alle schwerkranken Patienten diese Betten auch erreichen“, erläutern DIVI und die Fachgruppe. Bislang seien alle Anfragen bezügliches eines Intensivbettes an die Krankenhausleitstellen erfolgreich bearbeitet und zugewiesen worden.
Auch der Narkosedoc macht in seinem Tweet deutlich: Von Triage-Zuständen wie in Bergamo kann in Deutschland keine Rede sein. Er kritisiert vor allem die überzogene Berichterstattung vieler Medien. „Was mich mehr beunruhigt – es wirkt, als wenn einige nur darauf lauern, dass es endlich losgeht. Für die Quote, für die Klicks“. Manche wollten es in seinen Augen wohl regelrecht brennen sehen.
Der Intensivmediziner Prof. Gernot Marx widerspricht ebenfalls Berichten über Triage-Zustände in Deutschland, wie er in Interview mit der Bild mitteilt. Rollende oder fliegende Intensivstationen sowie der Transport von Schwerkranken seien „absolute Routine“ zwischen den Krankenhäusern, so Marx von der Uniklinik Aachen. Die Meldungen vermitteln den Eindruck, dass einzelne Krankenhäuser keine Patienten mehr aufnehmen könnten. Das sei ein „völlig falsches Signal“, so Marx.
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