Beim Betablocker Metoprolol kommt es immer wieder zu Lieferengpässen. Das stellt Ärzte und Apotheker vor Probleme – denn der Austausch des Medikaments ist nicht einfach.
Metoprolol ist mit fast einer Milliarde Einzeldosen pro Jahr in Deutschland der am häufigsten verordnete Betablocker. Derzeit sind die Schubladen in den Apotheken jedoch leer. Problematisch ist auch, dass es unterschiedliche galenische Formulierungen und Salzformen gibt. Ein Austausch kann die Arzneimittelsicherheit gefährden.
Lieferengpässe bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln betreffen immer mehr Patienten in ganz Europa. Nach Angaben der ABDA hat sich allein in Deutschland im 1. Halbjahr 2020 die Zahl der nicht verfügbaren Arzneimittel, die Krankenkassen per Rabattvertrag für ihre Versicherten vorgesehen hatten, auf 12,1 Mio. Packungen erhöht, so ein Bericht in der Pharmazeutischen Zeitung.
ASS i.v., Ibuprofen, Naproxen, L-Thyroxin, Candesartan, Metformin – die Liste der „defekten“ Pharmaka ist lang. Häufig finden sich Alternativen. Bei Metoprolol gab es bereits vor etwa zehn Jahren einen Lieferengpass. Aktuell sind nahezu alle Hersteller erneut nicht lieferfähig.
Beim Austausch von Metoprololpräparaten müssen Arzt und Apotheker sehr genau hinschauen, auch weil nicht alle Präparate die selben Indikationen aufweisen. Dies gilt insbesondere für die Herzinsuffizienz.
Auf dem Markt existieren drei galenische Konzepte mit Metoprolol:
So funktioniert Metoprolol: Durch seine selektiven Eigenschaften wirkt Metoprolol vor allem auf die β1-Adrenorezeptoren. Hierdurch kommt es zu einer Senkung der sympathischen Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin im Zielgewebe (vor allem im Herz) und konsekutiv zur Senkung von Inotropie, Chronotropie und Dromotropie.
Metoprolol ist als Metoprololsuccinat, dem Salz der Bernsteinsäure, oder als Metoprololtartrat, dem Salz der Weinsäure, verfügbar. Die beiden Salze werden unterschiedlich rasch resorbiert.
Dieser Effekt wird dadurch wesentlich verstärkt, dass Metoprololsuccinat als Tablette formuliert wird, die sehr viele kleine Kügelchen enthält, was zu einer gleichmäßigen Freisetzung von Metoprolol über den ganzen Tag führt. Dies wird als „zero order kinetics, ZOK“ bezeichnet. Eine Kinetik nullter Ordnung beschreibt eine gleichmäßige Wirkstoffkurve.
Metoprololtartrat wird rasch resorbiert. Um im Blut einen konstanten Spiegel des Arzneistoffs zu erreichen, muss man häufiger kleine Mengen einnehmen. Diesen Nachteil hat Metoprololsuccinat in der ZOK-Galenik nicht.
Neben den beiden Salzen gibt es auch noch Pharmaka, die Metoprolol über andere Mechanismen retardiert freisetzen, allerdings nicht so gleichmäßig wie bei Metoprololsuccinat-ZOK.
Die auf dem deutschen Markt befindlichen Metoprolol Präparate mit ZOK-Kinetik enthalten eine große Anzahl Pellets. Die Retardtablette zerfällt im Magen schnell in die beschichteten Retardpellets. Aus diesen wird Metoprolol über einen Zeitraum von mindestens 16 Stunden kontinuierlich freigesetzt.
Präparate mit einer Kinetik 0. Ordnung sind bei Herzinsuffizienz sinnvoll und indiziert. Eine gleichmäßige Hemmung des Sympathikotonus ist hierbei von großer Bedeutung. Nur mit dem Succinatsalz und der Freisetzungskinetik 0. Ordnung wurde die Prognoseverbesserung durch Metoprolol bei Herzinsuffizienzpatienten nachgewiesen.
Metoprololsuccinat -Präparate und Metoprololtartrat-Präparate mit ZOK-Galenik können untereinander ausgetauscht werden. Ohne ZOK-Retardierung ist ein Austausch nicht möglich.
Retard- und ZOK-Tabletten dürfen nicht gemörsert werden, weil ansonsten ihre Struktur Schaden nimmt und der Retardeffekt verloren geht. Das gilt nicht für die vorgesehene Halbierung der Tabletten über die Bruchrille.
Die Aut-simile-Substitution erfordert oft eine Dosisanpassung. Zu diesem Zweck bietet die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker auf ihrer Website Äquivalenzdosistabellen an, die den Austausch erleichtern sollen. Dieses Angebot erweitert die AMK stetig.
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